Mittwoch, 23. Mai 2007
Auf der Sonnenstraße, abends um halb sieben

Plastiksphinx

Ein Lastwagen mit einer Ladung Pinguine fährt auf einer Landstraße richtung München.
Auf einer Brücke kurz vor Freising platzt ein Reifen. Der Fahrer hält an, steigt aus und schaut sich das Schlamassel an. Schon stoppt ein zweiter Lastwagen neben ihm und der Kollege Lastwagenfahrer will wissen, was los sei und ob er irgendwie helfen könne. Der Fahrer mit dem Platten erklärt, dass er hinten rechts einen Scheiß-Platten habe, was echt scheiße schlecht sei, weil er Pinguine geladen habe, die unbedingt heute noch nach Hellabrunn in den Zoo gefahren werden müssen, was er wohl nicht schaffen wird, weil es jetzt schon später Nachmittag ist, der Tierpark aber schon um 18 Uhr zumacht.

Der Kollege Lastwagenwahrer meint, das sei ja jetzt wirklich eine echt scheiße schlechte Situation für den Kollegen, der ja jetzt wahrscheinlich mindestens eineinhalb Stunden auf dieser Brücke kurz vor Freising richtung München mit Reifen wechseln beschäftigt sein wird – und für die Pinguine sei das natürlich auch eine ganz blöde Geschichte.

Aber, sagt der Kollege Lastwagenfahrer dann und schiebt sich seine Ray Ban in die Stirnglatze, aber, es sei ja jetzt so, dass er selber jetzt zufällig auch nach München fahre, und weil er gerade auc h noch zufällig ja eh nichts geladen habe auf seinem 7,5 Tonner, könne er ja die Pinguine mit seinem 7,5 Toner auf seinem Weg zu seiner Spedition nach Hellabrunn chauffieren und hinbringen – ob das okay für ihn sei, weil für ihn sei das schon okay, weil unter Kollegen müsse man sich schon auch helfen und außerdem, sagt er, mag er halt auch so Pinguine gern, weil das wären schon auch lustige Vögel.

Der mit dem Platten fasst sich an den Schirm seiner alten Grundig-Stoffkappe, kratzt sich an der Stirn und denkt na ja, warum eigentlich nicht. Dann sagt er okay, wenn das für dich okay wäre, dann wär das natürlich schon super und dann machen wir das so.
Und dann machen die das so. Die zwei Lastwagenfahrer laden die Pinguine von dem einen LKW auf den anderen LKW um. Das dauert nicht lang, und wenig später braust der Kollege mit den umgeladenen Pinguinen davon und der mit dem Platten fängt an, den Reifen zu wechseln.

Und es ist Sommer und ein verdammt heißer Spätnachmittag, aber das nur nebenbei.

Nach gut eineinhalb Stunden ist der geplatzte Reifen dann ausgewechselt. Der Lastwagenfahrer kann endlich weiter fahren und kommt dann auch so um halb sieben in München an.

Er fährt auf der Freisinger über die Ungerer in die Innenstadt, um seinen Lastwagen bei seinem Fuhrunternehmer am Harras abzustellen. Weil auf dem Mittleren und dem Altstadt Ring um diese Zeit alles steht, nimmt er lieber einen Schleichweg durch die Maxvorstadt über den Stachus

Und als er die große Kreuzung am Stachus nach ewigem Stop and Go endlich erreicht und an einer roten Ampel warten muss, sieht er plötzlich seine Pinguine und traut seinen Augen nicht.

Angeführt von dem netten Kollegen mit der Ray Ban watscheln seine Pinguine nämlich etwa zehn Meter vor ihm auf dem Zebrastreifen über die Sonnenstraße Seite Fußgängerzone richtung Hauptbahnhof wo der neue Mulitplex steht. Jeder Pinguin hat eine Ray Ban auf und ein Fruchteis in den Flossen. Und auch der nette Kollege Lastwagenfahrer hat so ein Fruchteis in der Flosse.

Der Lastwagenfahrer wundert sich total, kurbelt das Lastwagenfenster herunter und schreit dem Kollegen zu: „Hey! Was ist denn jetzt los? Ausgmacht war doch, dass du mir die Pinguine nach Hellabrunn in den Zoo kutschierst?“

Worauf der Kollege achselzuckend aber doch gut gelaunt erwidert: „ Ach weißt, Kollege, im Tierpark waren sie schon, jetzt wollten sie ein Eis und dann ins Kino!“

Herzlichen Gruß und 1000 Dank für das Foto an plastiksphinx (romy milla)

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