Donnerstag, 26. April 2007
SECOND LIFE
Super Sache!
Seit den 61 Tagen, die ich hier en blog verbringe, zwinge ich meinen 11-Jährigen Neffen, jeden Montag, Mittwoch und Freitag per Telefonanruf, sich als mein Doppelgänger in diesem virtuellen Kommunismus called SL zu bewähren.

Der Neffe darf immer nur eine halbe Stunde Second Life spielen, dann hol ich ihn per Telefon wieder raus, oder die Mutter ruft ihn zum Abendessen, wenn ich gerade keine Zeit zum Telefonieren habe oder sonst wie verhindert bin, meine Pflichten als Second Live Supervisor meines Neffen wahrzunehmen.
Und bevor jetzt wieder gleich gemault wird von wegen Medienverwahrlosung des Neffen und scheiße schlechte Erziehung und so.
Natürlich gibt es schon ganz klare Regeln für den Neffen. Schließlich ist er erst 11 und Second Life tatsächlich nichts für kleine Kinder, sondern der virtuelle Kommunismus und der Wilde Westen, bekanntlich. (Figuren laufen da rum, du glaubst es nicht.) Also es gibt schon Regeln, für alle die gesagt, die sich immer Sorgen machen, dass die Kinder missraten und aus dem Nachwuchs nichts wird, weil er nur dauernd sinnlos am Computer herumspielt. Also so ist das nicht im Fall des Neffen. Nur so am Compter herumspielen darf der Neffe natürlich nicht. Habe ich ihm auch von vorn herein gesagt, als ich ihm vor 61 Tagen den Auftrag erteilte, er müsse jetzt unbedingt als mein Doppelgänger bei Second Life mitmachen, weil ich nicht zugleich en blog sein und bei Second Life mitmachen kann, weil das schon zeitlich gar nicht zu schaffen ist.

Regel Nummer eins war, dass sich der Neffe so schnell wie möglich ein paar Grundstücke schießen musste. Und zwar an Stellen, wo sich das lohnt.
Denn natürlich bekam der Neffe von mir auch den ganz klaren Befehl, sein Spielgeld sinnvoll zu verbraten. Denn das bekam er ja von mir vorgeschossen sozusagen. Und wer zahlt, schafft an, bekanntlich.
Und vermittels meiner Telefonüberwachung habe ich auch ständig aufgepasst, dass der Neffe keinen Unfug treibt in Second Life, denn Unfug und Unsinn gibt’s da ja auch jede Menge. Soll sich ja sogar die Christiansen rumtreiben zum Beispiel. Aber zurück zu meinem Neffen. Wie gesagt: Es gibt da schon auch verbindliche Verhaltens-Regeln. Also auch die wurden mit dem Neffen im Vorfeld ganz genau abgeklärt.

Wenn mir der Neffe nach seinen Trips im virtuellen Kommunismus nicht mindestens eine neue Freundin oder halt 20% mehr Spielgeld durchs Telefon melden kann, wird er von mir ausgelacht und als "Dr. von Pierer" oder als „Du Kleinfeld" verhöhnt. Das ärgert den Neffen dann immer maßlos, kommt aber kaum noch vor, denn der Neffe macht sich ganz gut in Second Life.
Eigentlich kams nur einmal vor, als der Neffe nämlich das Sky Diving für sich entdeckte. Da hat er seine ganze halbe Stunde Second Life praktisch damit verplempert, ständig von irgendwo oben nach irgendwo unten durch die Second Life Welt zu fliegen. (So klassisch Oben und Unten wie im richtigen Leben gibts ja in Second Life gar nicht, ist ja alles total digital).
Angeblich dauert es, bis man die richtigen Einstellungen für die auf der Erde geltenden Fallgesetze in den Datenkoffern findet. Hat der Neffe an dem Tag mir gegenüber jedenfalls am Telefon behauptet. Und dass man sich eben auch die Ausrüstung fürs Sky Diving erst zusammenkaufen müsse. So hat er mir das dann erklärt mit den fehlenden 20%. Aber ich habe ihn natürlich trotzdem weiter verhöhnt und zu ihm „Kleinfeld“ gesagt und „Ach so ist das, Kleinfeld, Herr Dr. Pierer hat das ganze Geld für Sky Diving rausgeschmissen und keine müde Mark, nicht einmal eine neue Freundin mit heimgebracht. So so.“ Also da wurde der Neffe dann echt sauer.

Denn eigentlich hat er sich ja gar nicht dumm angestellt, der Neffe, und schnell begriffen was los ist in Second Life.

Nachdem sich der Neffe in den ersten zwei Wochen einen ganzen Fuhrpark komischer Kinder-Last-Wagen und Kinder-Bagger gebastelt hatte, fing er nämlich an, sie an komische Atavaris zu vermieten, denn die fanden seinen Superschaufelbagger Bullydigger 4000 der natürlich auch fliegen kann, toll. Damit gings sozusagen los.

Während er offline ist, bauen ihm seine Kunden, für die er natürlich auch besondere Superschaufelbaggerfahrer-Helme und Jacken mit der script-Inschrift Bullydigger 4000 Spezialteam erfunden hat, original Straßentrassen und Brücken nach den Plänen des römischen Kaisers Hadrian, was zwar im Grunde meine Idee war, denn ein wenig sollte man die Jungen natürlich auch im virtuellen Kommunismus unterstützen, letztlich aber doch seine, denn es war ja seine Idee, seinen komischen Lastwagen- und Baggerfahrer-Kunden auch noch zu sagen, was sie mit seinem Fuhrpark für ihn bauen könnten. Von mir kam nur der Tipp lieber erst mal mit so ganz alten Straßen anzufangen anstatt einer achtspurigen Lastwagenautobahn, die der Neffe ursprünglich von seinem Grundstück aus ins angrenzende Neuland hineinbrettern wollte.

Denn ehrlich gesagt wusste ich ja nicht, was seine Schaufelbagger alles konnten, von denen er mir telefonisch Bericht erstattet hat. Ich wusste aber natürlich, dass hinter seinen Atavaris hauptsächlich Japaner, zwei leitende Tiefbauingenieure aus Ludwigshafen und eine Frauengruppe aus Boston steckten, denn das hat mir mein Bruder erzählt, mit dem ich bei der Gelegenheit der Neffenkontrolle auch immer noch kurz ein paar Takte telefoniere, und an den sich mein Neffe selbstverständlich wenden kann, wenn er mal Fragen hat oder ein englisches Wort auch nicht im Dictionary findet. Und abgesehen davon wird das Straßennetz von der Second Life Programmplattform geliefert. Insofern war mein Tipp mit „lieber mal so ganz einfache alte Straßen“ und „die Geschichte mit den Plänen Hadrians“ irgendwie auch nur die halt einzig mögliche Umsetzung seiner komischen Autobahnbau-Idee.
But to make a long story short. Inzwischen führt der Neffe ein erfolgreiches Fuhrunternehmen, weil er sich statt komische Bagger jetzt auch noch komische Häuser in komischen Siedlungen in seinem Neubaugebiet Wasserland ausdenkt.
Dass er nur jeden Montag, Mittwoch und Freitag für eine halbe Stunde im Bagger-Büro auftaucht, dort auch nur seine aktuellen Pläne an seine Kundschaft verteilt oder Helme und Anzüge verkauft und sich die übrigen zehn Minuten die Second Life Welt als Sky Diver von oben nach unten fliegend anschaut, schadet seiner Stellung als Second Life Premium Member nicht im geringsten, sondern verleiht dem Neffen vielmehr den Nimbus des Besonderen.
Vor seinem Büro hat ihn zuletzt sogar ein Straßenmusiker gefragt, ob er was gegen eine musikalische Begleitung hätte, wenn der Neffe so Montags, Mittwochs und Freitags immer um halb sechs ins Büro gewackelt kommt. Das Lied, das der dann singt heißt „Mr Half oder Have an Hour oder so, ich habs bislang nur durchs Telefon gehört und deshalb den Text auch nicht ganz genau verstanden, klingt aber schon soundtechnisch absolut okay.

Übrigens. Die Gewinne, die der Neffe macht, liegen längst über den ursprünglich avisierten 20% und bewegen sich pro Session im fünfstelligen Bereich, denn der Neffe ist wie gesagt 11 und verlangt horrende Phantasiepreise, wenn ein bei ihm anklopfender Atavari womöglich auch noch mit dem Lieblings-Schaufel-Bagger-Typ des Neffen auf seiner Wasser-Straßen-Baustelle zum Beispiel Marmorplattentrümmer genau nach Bauplan zu Mosaiken ordnen will. Wirklich horrende Phantasiepreise verlangt der Neffe in so einem Fall. Aber es funktioniert. Und mit seinen komischen Helmen laufen inzwischen auch schon Leute rum, die gar nicht Schaufel-Bagger fahren!

Seine Mutter meinte gestern zu mir, ich könne den Neffen in Zukunft ruhig mal ne Viertelstunde länger Second Life spielen lassen. Anfangs war sie natürlich total dagegen, dass sich der Neffe als mein Doppelgänger in Second Life bewähren sollte, eh klar. Aber dass der Neffe jetzt auch schon Glückwunsch-Postings von der Bank bekommt, scheint sie irgendwie schwer zu beeindrucken. Außerdem hat er neulich auch jemanden kennen gelernt, der ihm umsonst Japanisch beibringt. Mit Englisch hat er inzwischen sowieso Null problemo mehr. Keine Ahnung, ob der Neffe diese Viertelstunde dranhängen will. Aber morgen ruf ich ihn eh wieder an, muss ich ihn mal fragen, weil – so einfach zwingen, lässt sich mein Neffe natürlich jetzt – nach seinen 61 Tagen Second Life Experience – zu gar nichts mehr.

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Dienstag, 24. April 2007
BAVARIAN OPEN
Gestern im Baader folgende nette Begebenheit erfahren.
Ein junger Mann erzählte, dass er seit ein paar Monaten einen alten aufgelassenen Stadel im Speckgürtel der Landeshauptstadt irgendwo zwischen Erding und Wolfratshausen bewohne. Die ganze Gegend habe sich im Lauf der Jahre bis auf den Stadel und die private Zufahrtsstraße eine Golfplatzbetreibergesellschaft unter den Nagel gerissen, und der Bauer, der dem jungen Mann das Anwesen zu Zweitwohn- und Lagerhaltungszwecken vermietet habe, würde als sozusagen kleines gallisches Dorf dem Imperium Romanum sozusagen trotzen oder wie auch immer man dieses Golfplatz-Establishment eben bezeichnen mag.

Jedenfalls. Neulich wollte der junge Mann wieder mal den Samstagnachmittag lieber in seinem Stadel auf dem Land verbringen als in der Stadt und geriet dabei mitten hinein in so eine Golfgroßveranstaltung, nämlich in die Bavarian Open der Bayerischen Motorenwerke Gesellschaft, kurz BMW, denn sein Stadel grenzt genau an das so genannte 18. und also letzte Loch, und das hieß also, dass sich der junge Mann erst durch zig Sicherheitskordons und einen Massenauftrieb an schwer bewaffneten staatlichen Polizei- und privaten Sicherheitskräften winden musste, bevor er überhaupt in seinen Stadel durfte, denn gerade hatte offenbar ein Bernhard Langer richtung 18. Loch abgeschlagen oder der Kaiser, die Fürstin oder ein noch nicht in U-Haft sitzender Siemens-Chef ließ sich noch schnell per Heli einfliegen, jedenfalls, es muss vor diesem Stadel zugegangen sein wie bei einem G7-Treffen light.

Alles abgesperrt, die ganze Gegend von einem Riesenaufgebot an Paramamilitär kontrolliert. Nur der Stacheldraht fehlte, weil die bei Events der Marke G7 natürlich nie fehlen dürfenden Demonstranten bei en Bavarian Open selbstverständlich keine Demonstranten sind, sondern eben als Publikum, geladene Ehren-Gäste und einschlägige Freunde des Prominentensports Teil des Geschehens sein wollen und für die Kameras posieren, die eben auch nicht fehlen dürfen, schließlich leben wir in einer Informationsgesellschaft.

Der junge Mann war dann auch sehr genervt, als er nach einigem Hin und Her und Her und Hin mit diesem und jenem Ohrknopf-Peter endlich in seinen Stadel gelassen wurde und sich dann von seinem Zweit-Wohnzimmerfenster ansehen musste, wie die Karawane gerade auf das Loch 18 und also in die unmittelbare Nähe seines Stadels zog.

Den ruhigen Samstagnachmittag konnte er sich abschminken, das war klar.
An irgendwelche Aufräumarbeiten war auch nicht zu denken. Was sollte er also an diesem Samstagnachmitag noch machen?

Er machte sich erst mal einen Kaffee und warf dann den Fernseher an. Mal schauen was gerade kommt, dachte sich nämlich der junge Mann – und ob womöglich auch das kommt, was er sich dachte, dass jetzt kommen könnte. Und prompt:
Auf phönix, N24, n-tv oder einem anderen Haussender der deutschen Industrie wurde die Golferei vor seinem Stadel tatsächlich live übertragen.
Nachdem sich der junge Mann dann dieses große Vergnügen der Leistungsträger und Exzellenzen eine zeitlang sozusagen in stereo, nämlich via Blick aus dem Fenster und dem daneben stehenden Bildschirm, angesehen hatte, begann ihn das sportliche Großereignis nach kurzer Zeit schon auch ungemein zu langweilen. Und da kam ihm der Gedanke, dass doch jetzt der passende Moment wäre, die alte Hifi-Stereo-Anlage mit an die 750 Watt und also fast PA-Kapazität, die er neben anderen technischen Raritäten in seinem Stadel aufbewahrt, doch mal aus dem offenen Fenster heraus an seine Grenzen zu fahren, sich einen schönen Klassiker des Jahres 77 aufzulegen und dann live im Fernsehen zu beoachten, wie die inzwischen um das Green gruppierte Karawane Golf auf die Beschallung mit beispielsweise einer antiken Punk-Nummer reagiert.

Sicher würden sich die aufs Green konzentrierten Köpfe wie in der Tennis-Übertragung üblich mit dem ersten Ton kollektiv in seine Richtung drehen, dachte sich der junge Mann, weil momentan eben gerade da retourniert wird bzw. die Musik spielt. Und das hätte er sich dann alles live und auch noch eben in echt und auch noch echtzeit ansehen können und darüber hinaus auch noch bei der Übertragung der Endrunde der Bavarian Open sozusagen ein wenig mit die Bild-Regie geführt.
So ähnlich hatte sich das der junge Mann vorgestellt und auch schon die Boxentürme vor die Fenster aufgefahren.

Am Ende hat er, was dann kommen sollte, dann freilich doch lieber gelassen, einfach den Fernseher abgeschaltet und sich anstatt um die Bavarian Open lieber um einen Fahrrad-Rahmen gekümmert, den er schon eine zeitlang wieder in Schuss bringen wollte.
Denn erstens hätte ihn nach den ersten drei Takten die versammelte Polizeibeamtenschaft vermutlich ganz sicher rasch darüber aufgeklärt, dass so ein momentaner Wunsch nach so richtig lauter Musik so was wie Terrorismus sei und ihn dann für den Rest des Wochenendes eingepackt.

Und zweitens – so erzählte es der junge Mann jedenfalls gestern im Baader sinngemäß – wollte er einem Langer nicht die passende Ausrede liefern, wenn der wieder mal unfähig ist, so einen kleinen eingedellten Tischtennisball aus Hartplastik aus fünf Meter Entfernung in ein Loch zu schubsen.

Ich hätte mich an seiner Stelle auch eher zurückgehalten. Obwohl natürlich die Idee, in das konzentrierte Ringen um das 18. Loch akustisch einzugreifen allein schon kommunikationstheoretisch – Stichwort interaktives Fernsehen – schon was sehr Apartes an sich hat. Finde ich jedenfalls

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Freitag, 13. April 2007
M´etait un plaisir, ma belle Madmoiselle, cherchez vous dans la Suche; le mot est Michelle.
Buona notte. Est ce etait? Ou etaiz? Ou es ce que mon Schulfranzösisch stößt einfach an natürliche Grenzen?

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Montag, 9. April 2007
MÜNCHEN
BAADER
FLASCHENÖFFNER
EXCESS
KZAR
PIMPERNEL
FALAFFELBUDE

Große Momente

Der Klausowitsch fällt schon im Baader vom Barhocker und kann fast nicht mehr alleine aufstehen.

Die Jugos im Flaschenöffner reden so fröhlich aufeinander ein, als gäbs ihr schönes Land noch

Wenigstens ein guter Titel im Excess nach zig Minuten blöder BR-DJ-Meterware

Der erste Schluck Gintonic nach Jahren wieder mal im Kzar

Auch im neuen Pimpernel stehen die alten Tunten traurig rum wie im alten, und wie der junge Herr Teuber und ich so an der runden Bar hocken, um uns die großen tollen Bilder und die Spiegel, fällt mir plötzlich wieder ein, wie das ganz früher war, im alten Tanzlokal, im Größenwahn, denn da wars ja genau so schön. Nur gabs im Tanzlokal halt Bier vom Fass, während auch im neuen Pimpernel nur Bier aus der Flasche verkauft wird. Aber der alte Kellner ist imer noch der alte, und das seit 30 Jahren. Respekt.

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Montag, 26. März 2007
SELBSTPORTRÄT DES AUTORS ALS ARMER HUND

Spenden werden angenommen

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Samstag, 24. März 2007
THE GREAT GATE präsentiert RUTH LEUWERIK

Heißer Tipp für den zufälligen Leser: In den Kommentaren zum Beitrag Im Englischen Garten hat sich eine interessante Unterhaltung ergeben. Womöglich muss in absehbarer Zeit die bayerische Nachkriegsgeschichte umgeschrieben werden, um es mal in der Sprache eines Stern-Chefredakteurs zu sagen. Wen´s interessiert, Suchfunktion, Leuwerik. Oder einfach hier klicken Madame, ich hoffe das Bild entspricht Ihren Vorstellungen, wenn ich so sagen darf, selber gemalt.

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Mittwoch, 21. März 2007
Professor Dr. C. O. Berzelmeier traute seinen Ohren

kaum, und auch sein etwas älterer Kollege zeigte sich nicht schlecht überrascht, als an einem milden Frühlingstag im Juno 1968 gegen 10.38 Uhr die Nachricht im Büro der Firma Kindergarten eintraf, dass die Vereinigten Staaten von Amerika nun doch reelle Chancen haben würden, in absehbarer Zeit einen Menschen erfolgreich auf den Mond zu schießen. Was wohl der alte Heisenberg dazu sagen wird, fragte dann Berzelmeier und kratzte sich wie selbstvergessen an der Wange.

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Montag, 19. März 2007
ENGLISCHER GARTEN. 1993. Samstag. 13. März
Quelle: "speak" Akten All, München, 1995 (Bearbeitung)


1993. SAMSTAG, 13. MÄRZ

Sehr beschwingt. Mit Clooney im Englischen. An Brief und Rosenmontags-Elegie. Gut voran. Die Welt am Morgen. Das blaue weite Banner dieses Tages. Aufbrechen. Losziehen. Ja. De Niro und Damond seit Tagen in Schladming. AZ-Titel: Der Frühling ist da! Im Wagen staut sich die schlierende Hitze des blutjungen Jahres. Im Garten liegt noch Schnee. Frühling? Ziemlich versifft noch alles. Die Straßen, das Pflaster, die Plätze, die Stadt. Und erst recht auf den Wegen hinunter zum Fluss, wo uns die Sand- und Schotterwege sich zwischen Bächen und schmalen Kanälen durch den Park windend schließlich an den Turm führen werden: überall Schneematsch und fiese schlammige Pfützen, zwischen dem abtauenden, nässenden Eis. Aber was willst du? Die Sonne scheint. Endlich. Wir müssen das feiern. Setzten wir also unsere verspiegelten schwarzen Brillen auf. So sind wir, wie jedes Jahr um diese Zeit, von oben, der Uni her kommend, halbrechts, stromaufwärts am Eisbach entlang, hinüber spaziert, bis zur Prinzregentenstraße hinauf, zu den Surfern. Anschließend dann wieder retour. Auch dieses Jahr wie nach jedem Winter durch die blattlosen Sträucher am Ufer über das schmale, im Sommer dann natürlich versteckte Stück Rasen, zur Brücke zurück, an den Platz, an dem sich die Wege kreuzen, die einen von da aus entweder nach Freising, oder zum Mangfall, hinunter an den Fluß oder zurück an die Schwabinger Prachtstraße bringen würden. Ein paar Schritte, und es fängt sich der Blick in den überschaubaren Weiten der Wiesen. Noch liegt hier keiner und schweigen die Trommeln. Direkt vor uns, auf seinem Tempel-Bergerl, throhnt geduldig der alte Monopterus, steinerner Herbergsvater der Gammler genannten Acid- und Lambruscoheads früherer Tage und wartet bis wieder wer kommt, und fragt, ob was geht, wer was hat oder braucht. Darüber erstreckt sich der Himmel so blau, so bekannt. Wie immer im März, so auch heuer und in alle Ewigkeit, aber ja. Unter den noch kahlen Bäumen gehen und schweigend weiter immer weiter gehen, diesen seit weit über 100 Jahren gut ausgetretenen Pfad durch den Englischen Garten, geschenkt der Stadt München, ihren Bürgern und Besuchern sowie auch dem einfachen Volk zur freien und kostenlosen Vergnügung von den kunstsinnigen Regenten des bayerischen Herrscherhauses derer von Wittelsbach, lang, lang ist´s her.

(Wer die Fortsetzung lesen will, klickt links oben auf dieser Site den Button Themen und findet in der Rubrik AUS DEM ARCHIV die Teile II und III dieses Beitrags.)

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Sonntag, 18. März 2007
Nachrichten
Deutsche Massen-Medien behaupten: In einigen Städten (Washington D.C., Madrid) wurde gestern "gegen den Irak-Krieg" demonstriert. Diese Behauptung ist irreführend. Richtig ist: An einer Kampagne haben sich erheblich weniger Menschen beteiligt, als von den Veranstaltern in ihren Szenarien berechnet.
Auch deshalb findet in diesen Stunden vermehrt TV-Berichterstattung statt, in der von Übergriffen nicht näher bezeichneter US-Polizei- und Sicherheitsbehörden gegenüber sogenannten Zivilisten/Demonstranten die Rede ist, und in der ein nicht näher erklärter Friedenswille insbesondere der deutschen Bundeskanzlerin gegenüber wem und was auch immer ebenso unklar wie deutlich exponiert zur Sprache kommt.

Seit ihrer Rückkehr aus Polen sind im journalistischen Umfeld von Frau Dr. Angela Merkel private Bilder aufgetaucht, die in den einschlägigen Zirkeln des Berliner Politikbetriebes die Sorge laut werden ließ, ob die Geschichte, insbesondere die der deutsch-polnischen Beziehungen seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht völlig neu geschrieben werden müsse.
A. Merkel    L. Kaczynski
Sind es, bellt Baring in seiner Frankfurter Residenz plötzlich
wie verrückt, in Wahrheit Drillinge?

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Dienstag, 13. März 2007
HEUTE MORGEN
so gegen halbe Neune, fiel mir wieder ein, tatsächlich, von allen Leuten die ich kenne, höre oder lese hat jeder zumindest einen Bekannten in Berlin. Jeder hat einen Bekannten in Berlin. Und wenn einer mal zufällig keinen Bekannten in Berlin hat, dann nur, weil er ein Bekannter in Berlin ist. So schaut es doch aus. Sofort rief ich den Ulf an, weil ich Insider bin und weiß, dass der Ulf mit seiner Truppe seit Stunden schon in der großen Frage schwitzt, woher er den Hammer der Woche, das heiße Eisen für den deutschen Schüttler, die Bombe, ach was die Groß-Mutter (Omi) aller Bomben wieder mal ins Magazin bekommt, denn der Ulf, für alle, die den Ulf nicht kennen, ist der verantwortliche Chef-Redakteur von fast 100 Millionen Zacken, die er binnen zwölf Monaten unter die Leute bringen muss (raushaun). Und das ist eine ungeheuer schwere Arbeit, das ist so extrem schwierig, komplex, kompliziert, eine fast nicht zu schaffende Leistung ist das, so von Insider zu Insider geflüstert, die natürlich nur absolute Top-Leister schaffen wie der Ulf, selbstverständlich nicht immer, nicht ständig, weil selbst die superbesten Spitzentop-Leister (Premium) und manchmal selbst Ulf nicht voll die Spitzentop-Leistung aus sich herausholen können. Warum? Ganz dumme Frage. Weil sie in jeder Sekunde absolut unter enormem Druck (Erfolg! Ulf! Erfolg!) stehen natürlich. Und wer das nicht versteht ist kein Insider, völlig klar. Fast 100 Millionen Zacken raushaun! In nur zwölf Monaten! (Maximum!) Das muss sich ein Mensch (Zielgruppe) erst mal ganz praktisch vorstellen, wie schwer so was ist, schwierig, wie einen das herausfordert, täglich, stündlich, und am härtesten ist es natürlich in der Redaktionskonferenz. Das, Mensch, ist schon keine Arbeit mehr, das ist der Wahnsinn. (Und eben Berlin, wie gerade neulich wieder so ein Bekannter in Berlin mir versichert hat) Aber wir nennen es Leidenschaft. Hat einer dann aus dem Team aus der Muschel gehaucht. Und ich hab ihm, dem Mann aus dem Team erwidert,hör bitte auf zu heulen, es ist okay und es ist alles klar, aber gib mir jetzt bitte den Ulf, Tom Nummer 2, denn verstehst du, Irene, ich muss jetzt sofort den Ulf sprechen, ja doch, es ist dringend, und sag ihm, und am besten in Englisch, ich habe die story für ihn, das reh aale Ding, mit dem alles gut wird, ja alles. Und dann raschelt es in der Leitung, und endlich, ist der Ulf endlich am Apparat. Und ich sage sofort, also ganz ohne Schmusing (Socializing) von wegen dem Angie und der Gursky, sage ich nur, Ulf, hör zu, Folgendes, egal woran ihr auch dran seid aktuell, vergesst es, hör mir zu Ulf, du machst dich jetzt sofort flexibel, geschmeidig und locker, versuch jetzt mal bitte nur für schlappe drei Sekunden, also wie du immer so richtig sagst, liberal UND revolutionär, Elite UND Avantgarde, Jing UND Jang, Slick UND Do –

Meine Güte, es ist echt hart. Sogar mich langweilt der Typ mit seiner aufgeblasenen Hinterwelt inzwischen so massiv, dass ich schon jetzt, nach noch nicht mal 500 Zeichen und eigentlich auch unmittelbar vor der Schlusskurve überhaupt keine Lust mehr habe, an dieser Stelle weiter zu schreiben, gar zu denken.
Wie gelangweilt, müde und beschissen müssen sich dann erst Leute fühlen, die sich diesen wöchentlich gemachten Haufen Hauptstadtkultur kaufen und dann auch noch wegzulesen haben. Von den Bekannten in Berlin, die dieses nackte Elend ihr Leben lang bevölkern, ganz zu schweigen.

– Wie bitte, totgeritten?
– Absolut totgeritten
– Finds´d echt?
– Total
– Kommt trotzdem
– Warum, hau´s doch weg?
– Warum? So schlecht?
– Naja, Bekannte in Berlin, a bissl dünn
– Hm
– Und? Auf was wartst? Hau´s halt weg jez?
(schüttelt den Kopf)
– Und warum ned?
– Es kann nicht alles gelingen.

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