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Dienstag, 24. April 2007
BAVARIAN OPEN
the great gate, 03:02h
Gestern im Baader folgende nette Begebenheit erfahren.
Ein junger Mann erzählte, dass er seit ein paar Monaten einen alten aufgelassenen Stadel im Speckgürtel der Landeshauptstadt irgendwo zwischen Erding und Wolfratshausen bewohne. Die ganze Gegend habe sich im Lauf der Jahre bis auf den Stadel und die private Zufahrtsstraße eine Golfplatzbetreibergesellschaft unter den Nagel gerissen, und der Bauer, der dem jungen Mann das Anwesen zu Zweitwohn- und Lagerhaltungszwecken vermietet habe, würde als sozusagen kleines gallisches Dorf dem Imperium Romanum sozusagen trotzen oder wie auch immer man dieses Golfplatz-Establishment eben bezeichnen mag.
Jedenfalls. Neulich wollte der junge Mann wieder mal den Samstagnachmittag lieber in seinem Stadel auf dem Land verbringen als in der Stadt und geriet dabei mitten hinein in so eine Golfgroßveranstaltung, nämlich in die Bavarian Open der Bayerischen Motorenwerke Gesellschaft, kurz BMW, denn sein Stadel grenzt genau an das so genannte 18. und also letzte Loch, und das hieß also, dass sich der junge Mann erst durch zig Sicherheitskordons und einen Massenauftrieb an schwer bewaffneten staatlichen Polizei- und privaten Sicherheitskräften winden musste, bevor er überhaupt in seinen Stadel durfte, denn gerade hatte offenbar ein Bernhard Langer richtung 18. Loch abgeschlagen oder der Kaiser, die Fürstin oder ein noch nicht in U-Haft sitzender Siemens-Chef ließ sich noch schnell per Heli einfliegen, jedenfalls, es muss vor diesem Stadel zugegangen sein wie bei einem G7-Treffen light.
Alles abgesperrt, die ganze Gegend von einem Riesenaufgebot an Paramamilitär kontrolliert. Nur der Stacheldraht fehlte, weil die bei Events der Marke G7 natürlich nie fehlen dürfenden Demonstranten bei en Bavarian Open selbstverständlich keine Demonstranten sind, sondern eben als Publikum, geladene Ehren-Gäste und einschlägige Freunde des Prominentensports Teil des Geschehens sein wollen und für die Kameras posieren, die eben auch nicht fehlen dürfen, schließlich leben wir in einer Informationsgesellschaft.
Der junge Mann war dann auch sehr genervt, als er nach einigem Hin und Her und Her und Hin mit diesem und jenem Ohrknopf-Peter endlich in seinen Stadel gelassen wurde und sich dann von seinem Zweit-Wohnzimmerfenster ansehen musste, wie die Karawane gerade auf das Loch 18 und also in die unmittelbare Nähe seines Stadels zog.
Den ruhigen Samstagnachmittag konnte er sich abschminken, das war klar.
An irgendwelche Aufräumarbeiten war auch nicht zu denken. Was sollte er also an diesem Samstagnachmitag noch machen?
Er machte sich erst mal einen Kaffee und warf dann den Fernseher an. Mal schauen was gerade kommt, dachte sich nämlich der junge Mann – und ob womöglich auch das kommt, was er sich dachte, dass jetzt kommen könnte. Und prompt:
Auf phönix, N24, n-tv oder einem anderen Haussender der deutschen Industrie wurde die Golferei vor seinem Stadel tatsächlich live übertragen.
Nachdem sich der junge Mann dann dieses große Vergnügen der Leistungsträger und Exzellenzen eine zeitlang sozusagen in stereo, nämlich via Blick aus dem Fenster und dem daneben stehenden Bildschirm, angesehen hatte, begann ihn das sportliche Großereignis nach kurzer Zeit schon auch ungemein zu langweilen. Und da kam ihm der Gedanke, dass doch jetzt der passende Moment wäre, die alte Hifi-Stereo-Anlage mit an die 750 Watt und also fast PA-Kapazität, die er neben anderen technischen Raritäten in seinem Stadel aufbewahrt, doch mal aus dem offenen Fenster heraus an seine Grenzen zu fahren, sich einen schönen Klassiker des Jahres 77 aufzulegen und dann live im Fernsehen zu beoachten, wie die inzwischen um das Green gruppierte Karawane Golf auf die Beschallung mit beispielsweise einer antiken Punk-Nummer reagiert.
Sicher würden sich die aufs Green konzentrierten Köpfe wie in der Tennis-Übertragung üblich mit dem ersten Ton kollektiv in seine Richtung drehen, dachte sich der junge Mann, weil momentan eben gerade da retourniert wird bzw. die Musik spielt. Und das hätte er sich dann alles live und auch noch eben in echt und auch noch echtzeit ansehen können und darüber hinaus auch noch bei der Übertragung der Endrunde der Bavarian Open sozusagen ein wenig mit die Bild-Regie geführt.
So ähnlich hatte sich das der junge Mann vorgestellt und auch schon die Boxentürme vor die Fenster aufgefahren.
Am Ende hat er, was dann kommen sollte, dann freilich doch lieber gelassen, einfach den Fernseher abgeschaltet und sich anstatt um die Bavarian Open lieber um einen Fahrrad-Rahmen gekümmert, den er schon eine zeitlang wieder in Schuss bringen wollte.
Denn erstens hätte ihn nach den ersten drei Takten die versammelte Polizeibeamtenschaft vermutlich ganz sicher rasch darüber aufgeklärt, dass so ein momentaner Wunsch nach so richtig lauter Musik so was wie Terrorismus sei und ihn dann für den Rest des Wochenendes eingepackt.
Und zweitens – so erzählte es der junge Mann jedenfalls gestern im Baader sinngemäß – wollte er einem Langer nicht die passende Ausrede liefern, wenn der wieder mal unfähig ist, so einen kleinen eingedellten Tischtennisball aus Hartplastik aus fünf Meter Entfernung in ein Loch zu schubsen.
Ich hätte mich an seiner Stelle auch eher zurückgehalten. Obwohl natürlich die Idee, in das konzentrierte Ringen um das 18. Loch akustisch einzugreifen allein schon kommunikationstheoretisch – Stichwort interaktives Fernsehen – schon was sehr Apartes an sich hat. Finde ich jedenfalls
Ein junger Mann erzählte, dass er seit ein paar Monaten einen alten aufgelassenen Stadel im Speckgürtel der Landeshauptstadt irgendwo zwischen Erding und Wolfratshausen bewohne. Die ganze Gegend habe sich im Lauf der Jahre bis auf den Stadel und die private Zufahrtsstraße eine Golfplatzbetreibergesellschaft unter den Nagel gerissen, und der Bauer, der dem jungen Mann das Anwesen zu Zweitwohn- und Lagerhaltungszwecken vermietet habe, würde als sozusagen kleines gallisches Dorf dem Imperium Romanum sozusagen trotzen oder wie auch immer man dieses Golfplatz-Establishment eben bezeichnen mag.
Jedenfalls. Neulich wollte der junge Mann wieder mal den Samstagnachmittag lieber in seinem Stadel auf dem Land verbringen als in der Stadt und geriet dabei mitten hinein in so eine Golfgroßveranstaltung, nämlich in die Bavarian Open der Bayerischen Motorenwerke Gesellschaft, kurz BMW, denn sein Stadel grenzt genau an das so genannte 18. und also letzte Loch, und das hieß also, dass sich der junge Mann erst durch zig Sicherheitskordons und einen Massenauftrieb an schwer bewaffneten staatlichen Polizei- und privaten Sicherheitskräften winden musste, bevor er überhaupt in seinen Stadel durfte, denn gerade hatte offenbar ein Bernhard Langer richtung 18. Loch abgeschlagen oder der Kaiser, die Fürstin oder ein noch nicht in U-Haft sitzender Siemens-Chef ließ sich noch schnell per Heli einfliegen, jedenfalls, es muss vor diesem Stadel zugegangen sein wie bei einem G7-Treffen light.
Alles abgesperrt, die ganze Gegend von einem Riesenaufgebot an Paramamilitär kontrolliert. Nur der Stacheldraht fehlte, weil die bei Events der Marke G7 natürlich nie fehlen dürfenden Demonstranten bei en Bavarian Open selbstverständlich keine Demonstranten sind, sondern eben als Publikum, geladene Ehren-Gäste und einschlägige Freunde des Prominentensports Teil des Geschehens sein wollen und für die Kameras posieren, die eben auch nicht fehlen dürfen, schließlich leben wir in einer Informationsgesellschaft.
Der junge Mann war dann auch sehr genervt, als er nach einigem Hin und Her und Her und Hin mit diesem und jenem Ohrknopf-Peter endlich in seinen Stadel gelassen wurde und sich dann von seinem Zweit-Wohnzimmerfenster ansehen musste, wie die Karawane gerade auf das Loch 18 und also in die unmittelbare Nähe seines Stadels zog.
Den ruhigen Samstagnachmittag konnte er sich abschminken, das war klar.
An irgendwelche Aufräumarbeiten war auch nicht zu denken. Was sollte er also an diesem Samstagnachmitag noch machen?
Er machte sich erst mal einen Kaffee und warf dann den Fernseher an. Mal schauen was gerade kommt, dachte sich nämlich der junge Mann – und ob womöglich auch das kommt, was er sich dachte, dass jetzt kommen könnte. Und prompt:
Auf phönix, N24, n-tv oder einem anderen Haussender der deutschen Industrie wurde die Golferei vor seinem Stadel tatsächlich live übertragen.
Nachdem sich der junge Mann dann dieses große Vergnügen der Leistungsträger und Exzellenzen eine zeitlang sozusagen in stereo, nämlich via Blick aus dem Fenster und dem daneben stehenden Bildschirm, angesehen hatte, begann ihn das sportliche Großereignis nach kurzer Zeit schon auch ungemein zu langweilen. Und da kam ihm der Gedanke, dass doch jetzt der passende Moment wäre, die alte Hifi-Stereo-Anlage mit an die 750 Watt und also fast PA-Kapazität, die er neben anderen technischen Raritäten in seinem Stadel aufbewahrt, doch mal aus dem offenen Fenster heraus an seine Grenzen zu fahren, sich einen schönen Klassiker des Jahres 77 aufzulegen und dann live im Fernsehen zu beoachten, wie die inzwischen um das Green gruppierte Karawane Golf auf die Beschallung mit beispielsweise einer antiken Punk-Nummer reagiert.
Sicher würden sich die aufs Green konzentrierten Köpfe wie in der Tennis-Übertragung üblich mit dem ersten Ton kollektiv in seine Richtung drehen, dachte sich der junge Mann, weil momentan eben gerade da retourniert wird bzw. die Musik spielt. Und das hätte er sich dann alles live und auch noch eben in echt und auch noch echtzeit ansehen können und darüber hinaus auch noch bei der Übertragung der Endrunde der Bavarian Open sozusagen ein wenig mit die Bild-Regie geführt.
So ähnlich hatte sich das der junge Mann vorgestellt und auch schon die Boxentürme vor die Fenster aufgefahren.
Am Ende hat er, was dann kommen sollte, dann freilich doch lieber gelassen, einfach den Fernseher abgeschaltet und sich anstatt um die Bavarian Open lieber um einen Fahrrad-Rahmen gekümmert, den er schon eine zeitlang wieder in Schuss bringen wollte.
Denn erstens hätte ihn nach den ersten drei Takten die versammelte Polizeibeamtenschaft vermutlich ganz sicher rasch darüber aufgeklärt, dass so ein momentaner Wunsch nach so richtig lauter Musik so was wie Terrorismus sei und ihn dann für den Rest des Wochenendes eingepackt.
Und zweitens – so erzählte es der junge Mann jedenfalls gestern im Baader sinngemäß – wollte er einem Langer nicht die passende Ausrede liefern, wenn der wieder mal unfähig ist, so einen kleinen eingedellten Tischtennisball aus Hartplastik aus fünf Meter Entfernung in ein Loch zu schubsen.
Ich hätte mich an seiner Stelle auch eher zurückgehalten. Obwohl natürlich die Idee, in das konzentrierte Ringen um das 18. Loch akustisch einzugreifen allein schon kommunikationstheoretisch – Stichwort interaktives Fernsehen – schon was sehr Apartes an sich hat. Finde ich jedenfalls
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