Dienstag, 3. April 2007
SCHLECHTER STERN ÜBER LEIPZIG
the great gate, 19:48h
„Am 9. November 1989 hat in Deutschland
die Konterrevolution gesiegt. Ich glaube nicht,
dass man ohne diese Erkenntnis in der Zukunft
wird Bücher schreiben können.“
Ronald M. Schernikau
Rede auf dem Kongress der Schriftsteller der DDR
1. bis 3. März 1990
„Nach der Abstimmung strömten die Beschäftigten aus der Halle und begaben sich zurück zur Arbeit. Unter den 6463 abstimmenden Mitarbeitern sprachen sich 4647 für den Streikstopp aus.“
Eilmeldung, Spiegel-online, 20. Oktober 2004, 14.06 Uhr
EINS
Über Thüringen
Hat man das unglaublich karg und ärmlich wirkende Maintal hinter Würzburg und schließlich mit Mittel- und Unterfranken den so genannten Süden Deutschlands hinter sich und wendet sich dann ostwärts Richtung Thüringen, verflacht der Himmel zusehends und durchaus Besorgnis erregend. –
Brandon Hurst, Mittelklasseschriftsteller in den besten Jahren schlingert sehenden Auges in die Krise Ostdeutschlands und kann nichts dagegen machen.–
Tatsächlich wirkt der Himmel über Thüringen bedrückend, sonderbar angsteinflößend, fremd; wie ein gigantischer, dabei gleichzeitig extrem enger, sich aus einem nicht allzu fernen Nichts heraus öffnender Winkel –
Mietforderungen, die Rivalität zweier Frauen und ein sich anbahnendes Zerwürfnis mit seinem Jugendfreund, langjährigen Weggefährten und Verleger, dazu das unabsichtliche Erreichen dreier Finalrunden unbedeutender Literaturwettbewerbe sowie –
Es kommt einem vor, als wölbe sich dieser Himmelswinkel über Thüringen nur ganz minimal und nur gerade so weit, dass noch genügend trübes Licht auf diese Gegend fällt, um ein dieser Gegend eigentümliches Grau sichtbar zu machen. Und dem allgegenwärtigen Grau entsprechend sehen die Städte sowie die Dörfer und Streusiedlungen Thüringens dann aus. Alles wirkt düster und abweisend, ein Eindruck, der sich mit zunehmender Zeit verstärkt.
Erschien der Horizont schon auf der Höhe Aschaffenburgs nur mehr als fahle, wie an den Rand der Welt ganz ohne Sinn gezogene Linie und völlig unbedeutend, lässt er sich in Thüringen von dem dort auf den Augen klebenden, alles erdrückenden Grau praktisch nicht mehr unterscheiden –
Hurst soll in Leipzig gegen zwei weitere Finalisten im offenen Bewerb um 1500 Euro Preisgeld antreten –
Noch unter Ulbricht gepflanzte, einst sicher stolze Pappel-Kolonnen, ziehen sich im Dämmer eines Sonnenuntergangs beiderseits unnützer Verkehrswege endlos hin wie Zeugen eines soeben geschehenen Unglücks. Wie im Starrkrampf scheinen die Pappeln minutenlang dem sich durch fahle Landschaft windenden Schwarz der neuen Straßen Thüringens Spalier zu stehen –
Fortsetzung hier:
http://thegreatgate.blogger.de/stories/747283/
die Konterrevolution gesiegt. Ich glaube nicht,
dass man ohne diese Erkenntnis in der Zukunft
wird Bücher schreiben können.“
Ronald M. Schernikau
Rede auf dem Kongress der Schriftsteller der DDR
1. bis 3. März 1990
„Nach der Abstimmung strömten die Beschäftigten aus der Halle und begaben sich zurück zur Arbeit. Unter den 6463 abstimmenden Mitarbeitern sprachen sich 4647 für den Streikstopp aus.“
Eilmeldung, Spiegel-online, 20. Oktober 2004, 14.06 Uhr
EINS
Über Thüringen
Hat man das unglaublich karg und ärmlich wirkende Maintal hinter Würzburg und schließlich mit Mittel- und Unterfranken den so genannten Süden Deutschlands hinter sich und wendet sich dann ostwärts Richtung Thüringen, verflacht der Himmel zusehends und durchaus Besorgnis erregend. –
Brandon Hurst, Mittelklasseschriftsteller in den besten Jahren schlingert sehenden Auges in die Krise Ostdeutschlands und kann nichts dagegen machen.–
Tatsächlich wirkt der Himmel über Thüringen bedrückend, sonderbar angsteinflößend, fremd; wie ein gigantischer, dabei gleichzeitig extrem enger, sich aus einem nicht allzu fernen Nichts heraus öffnender Winkel –
Mietforderungen, die Rivalität zweier Frauen und ein sich anbahnendes Zerwürfnis mit seinem Jugendfreund, langjährigen Weggefährten und Verleger, dazu das unabsichtliche Erreichen dreier Finalrunden unbedeutender Literaturwettbewerbe sowie –
Es kommt einem vor, als wölbe sich dieser Himmelswinkel über Thüringen nur ganz minimal und nur gerade so weit, dass noch genügend trübes Licht auf diese Gegend fällt, um ein dieser Gegend eigentümliches Grau sichtbar zu machen. Und dem allgegenwärtigen Grau entsprechend sehen die Städte sowie die Dörfer und Streusiedlungen Thüringens dann aus. Alles wirkt düster und abweisend, ein Eindruck, der sich mit zunehmender Zeit verstärkt.
Erschien der Horizont schon auf der Höhe Aschaffenburgs nur mehr als fahle, wie an den Rand der Welt ganz ohne Sinn gezogene Linie und völlig unbedeutend, lässt er sich in Thüringen von dem dort auf den Augen klebenden, alles erdrückenden Grau praktisch nicht mehr unterscheiden –
Hurst soll in Leipzig gegen zwei weitere Finalisten im offenen Bewerb um 1500 Euro Preisgeld antreten –
Noch unter Ulbricht gepflanzte, einst sicher stolze Pappel-Kolonnen, ziehen sich im Dämmer eines Sonnenuntergangs beiderseits unnützer Verkehrswege endlos hin wie Zeugen eines soeben geschehenen Unglücks. Wie im Starrkrampf scheinen die Pappeln minutenlang dem sich durch fahle Landschaft windenden Schwarz der neuen Straßen Thüringens Spalier zu stehen –
Fortsetzung hier:
http://thegreatgate.blogger.de/stories/747283/
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