Dienstag, 6. März 2007
AN DIE HÄUSLERIN VON ÖDING
Werte Häuslerin von Öding,

besten Dank für den Rückruf.
Die Theaterszene würde ich nicht so hoch hängen. Bürgerlich sind diese Herrschaften schon lange nicht mehr, sondern eher nur noch menschliche Langweiler, die selbst ihre dauernde Selbstinszenierung als antibürgerliches Künstlertum – eigentlich die einfachste Übung, die es gibt – regelmäßig in den Beliebigkeits-Schlamm setzen. Und mich stört an den Schein- und Schwindelexistenzen in den Regie- und Dramaturgensesseln dieser Welt eigentlich gar nichts. Es sind halt Penner, äh-Innen, soviel Zeit muss sein, die in der Regel ihren Beruf verfehlt haben und deshalb ihre Läden systematisch ruinieren, trotz staatlicher Finanzierung und Spezlwirtschaft mit dem Kulturredaktionsgeschwerl von A-rte bis S-Z, was sich übrigens cross-media-marketing nennt respektive Medienpartnerschaft, als die diese neueste allgemeine Form der guten alten Korruption sozusagen offiziell firmiert.

Wie gesagt: Mir kann das wurscht sein. Ich hab mich bislang nur als Verleger um Vermarktung/PR gekümmert, und zwar von 93 bis 97, kenne das Geschäft immerhin gut genug, um zu wissen, dass sowas keine Zukunft, besser gesagt seine Zukunft hinter sich hat, auch wenn es gegenwärtig noch in den prächtigsten Farben der Agonie unübersehbar schillert, nicht zuletzt wg. Internet, Web 2.0 etc und der Kulturwirte-Schwemme, in die die Lehrerschwemme mündete, sozusagen.
Aber ich schweife ab.

Was ich nur kurz zurechtrücken wollte: Als Schreiberling hab ich diese PR- und Verwertungsschiene inkl. Klinkenputzen bei den angesellten Kulturbetriebsnudeln bisher einfach rechts liegen lassen – und trotzdem hat der WDR vergangenes Jahr dieses Witwen-Dingens gekauft.
Und damit das auch gesagt ist: Ja doch. Die zahlen nicht schlecht und vor allem binnen drei Tagen nach Vertragsunterzeichnung/Textabnahme bzw. Wiederholung der Sendung, und da kann man nicht meckern.
Und schlussendlich noch eine Info aus dieser im Grunde doch auch unglaublich langweiligen Branche: So teuer wie möglich hieße in meinem Fall, ich würde darauf bestehen, das gerade abgenommene, zweite Stück auch selber zu inszenieren, denn nur dann gäbe es erstens noch mehr Geld, weil zweitens der WDR Autoren mit Abstand am besten bezahlt. Schon der BR zahlt für Hörspieltexte bedeutend weniger, nämlich nicht mal Hälfte dessen, was der WDR einem Autor für ein Hörspiel vergütet (der BR wiederholt nämlich binnen 24 Stunden, weil ihn das nichts kostet, der WDR in der Regel einen Monat nach der Ursendung, was dem Autor dann noch mal zu 100 Prozent vergütet wird) und die übrigen in der ARD organisierten Sender vom SWR bis Radio Bremen zahlen entweder Hungerlohn, fast nichts oder gar nichts, weil sie eben fast nichts für Hörspielproduktion im Etat haben oder eben keine Hörspiele produzieren – wie übrigens auch alle Privatsender. Deren Hörspiele machen die Radio-DJs und Morgenradio-Deppen sozusagen nebenbei und also kostenlos.
Deshalb kann sich ein normaler Mensch neuerdings dieses Privatradiogedröhne gar nicht mehr anhören. Seit Raab, Sefan und Erkan oder wie sie alle heißen will jetzt selbst der Anzeigenabteilungsleiter von Radio Scharilari witzisch sein, weil er glaubt, dass auch in ihm ein "Comedien" steckt, der nur richtig zweitverwertet gehört, schon wäre er eine neue Marke – und sei es nur im Internet-Radio, genannt www.podcast.world.net, www.scheissdreck.2010.com oder irgend eine andere gerade auf dem Planeten Holtzbrink-Bertelsmann-Springer developte Blogosphäre.
Developt – nota bene – wie ehrensenf; so heißt der gerade still und leise floppende Versuch, den medialen Mix von Internet&Fernsehen zu testen. E H R E N S E N F ist nämlich nur eine ein bisserl verrückte Version von F E R N S E H E N. Ja klar. Selbstverständlich klingt das krank. Aber du musst nur mal einen kurzen Blick in den Stall werfen, von dem sowas bezahlt und gesendet wird, nämlich spiegel.de, und du siehst sofort, die sind nicht nur krank, sondern inzwischen viel mehr hoffnungslos in hybriden Selbstüberschätzungen verblödet, Beweis Mattu-Ichbinwichtig-Mattusek vor der eigenen Kamera.

Soweit ein kurzer Blick auf diesen Schweinemisthaufen, der in den Feuilletons immer noch Kultur genannt wird, um hier mal Jörg Schröder, einen alten echten Profi per Halbsatz zu zitieren, werte Häuslerin von Öding.

So. Und wenn du dich jetzt fragen solltest, was das den sollte, dann muss ich gestehen, dass ich anfangs tatsächlich nur kurz Ihre freundliche Mail retournieren wollte, im Laufe der Schreiberei aber darauf gekommen bin, dass ich – wenn ich schon mal hier bin – doch gleich auch meine heutige Hausaufgabe für THE GREAT GATE machen kann, also das Weblog, das ich seit ein paar Tagen bespiele und zwar unter der URL http://www.thegreatgate.blogger.de, damit auch das klar ist.
Da könnten Sie jetzt, werte Häuslerin, übrigens sofort hinklicken und diesen Brief hier eins zu eins – freilich schwarz auf grau – nochmal lesen. Nein. Keine Angst! Sie müssen nicht. Ich sags gleich: Zu lesen steht da nur mein Return. Ihr Aufschlag steht da natürlich nicht, denn Privatsphäre ist mir wichtig und ein hohes Gut, das unbedingt geschützt gehört. Ja! Ohne Scheiß.

Genau. Und nachdem jetzt auch für den unbekannten Gast, der sich in der großen weiten Welt algorhythmisierter Massenkommunikation ausgerechnet hierher verirrt hat, klar geworden ist, was es mit diesem altbayerischen Titel auf sich hat, ist hier auch prompt Ende Gelände und Schluss.

Beste Wünsche, schöne Grüße, bis demnächst

Ihr AO at aol

PS Nachtrag zur Privatsphäre. Umgekehrt gilt natürlich auch, dass Ihr Aufschlag jederzeit auch unter THE GREAT GATE stehen könnte. Wenn Sie denken, es sei großes Tennis und explizit erklären, das sollte eigentlich nicht nur ich lesen, was Sie mir geschrieben haben oder noch schreiben, müsste ich nur auf Copy und Einsetzen klicken – Zack, schon wären Sie Web-Autorin und wenn Ihnen kein besserer Name einfällt als die Häuslerin von Öding, dann einfach so. Freilich eine Web-Autorin unter Ausschluss der Öffentlichkeit, denn soweit ich das übersehe, sind Sie und ich und die fünf Hanseln, die ich bisher darüber informiert habe, die Einzigen, die THE GREAT GATE überhaupt kennen. Aber das kann sich ja jederzeit ändern in diesen schnelllebigen Zeiten CAD-gestützter Mundpropaganda. Und mit diesem 1a-Beispiel für virales Marketing im Selfpromo-Business – is jez echt Schluss, weil jez langts. Mehr ko ja koa Mensch lesn, der a no a Arbad hod. Ciao.

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EIN SCHREIBEN DER HÄUSLERIN
danke für die Durchreiche. Vor Lesen Lesen Lesen sind mir meine Mistviecher bis nach Tinning ausgebrochen.
(...)
Außerdem gehört das Wort doch dem Angesprochenen, oder?

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Echt!? Gleich bis nach Tinning. Du, das tut mir jetzt aber leid...ch, ch

Wem das Wort gehört, weiß ich nicht. Ich halte es jedenfalls so, dass ich Briefe – und darum geht es wohl – nicht unbedingt als mein Eigentum betrachte, sondern gegebenenfalls den Absender frage, ob ich sie bzw. ihren Inhalt fremden Dritten zu lesen geben darf. Und bei Briefen, deren Inhalte ausschließlich privater Natur sind, komme ich eigentlich erst gar nicht auf die Idee, sie irgendwem zu zeigen, denn im Gegenzug möchte ich auch nicht, dass meine Briefe an Person X ohne mein Wissen bei Person Y oder Z oder sonstwo landen. Ich seh darin auch überhaupt kein Problem oder eine große Sache, sondern finde das völlig normal. Und gerade fällt mir ein: Wenn es so wäre, dass die Briefe dem Empfänger gehören, dürfte ich ja – prinzipiell gesehen – meine selber geschriebenen und verschickten Briefe auch nicht verwenden. Und das, denke ich, kann ja wohl nicht wahr sein.

Andererseits: Natürlich gibt es da ein Problem: Denn natürlich steht bei der ganzen Blog-Schreiberei die Frage im Raum, wem der dort gelagerte Text gehört. Dem Urheber/Autor/Briefeschreiber? Oder dem Blogg-Betreiber, der einem dieses elektronische Briefkasten-Schaufenster zur Verfügung stellt.
Rein rechtlich gesehen, könnte der natürlich behaupten, er sei als Besitzer der Texte zugleich Eigentümer der an ihn übertragenen und von ihm empfangenen Verfügungsgewalt. Schließlich behält er sich in den vertraglich bestimmten Nutzungsbedingungen auch das Recht vor, Texte die er für inkriminierend hält zu löschen und im Fall eines eventuellen System/Programmabsturzes beim Verschwinden des Textes keiner Haftungsverpflichtung zu unterliegen – ein Recht, das in der Regel traditionell nur von Eigentümern von Besitztümern (Sachwerte, geldwerte Gegenstände etc.) wahrgenommen werden kann.

Also doch, ja. Das mit dem Eigentumsrecht am veräußerten Wort ist natürlich ein Problem, auch und gerade in der Sphäre des elektronischen Postwesens und den sich darin etablierenden Platt-Formen von Öffentlichkeit.

Aber soweit ich weiß – und hoffentlich – räumt der Gesetzgeber, der das momentan rechtlich zu regeln versucht sowohl dem Schutz der Privatsphäre als auch dem Urheberschutz oberste Priorität ein gegenüber beispielsweise dem Gebiets- und Körperschaftsschutz von beispielsweise Personengesellschaften, die z. B. den Zweck verfolgen den Post- und Briefverkehr zum Wohle der Allgemeinheit z. B. gewinnbringend zu organisieren oder z.B. gewinnbringend zu schützen, oder z. B. gewinnbringend weiter zu entwickeln, oder –

Ja, klaro. Hör schon auf. Never mind, äh, forget the Mistviecher ..., bis denne

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