Samstag, 2. Juni 2007
Zu diesem G8-Gipfel: Sag mal, bin ich allein, oder sieht außer mir wirklich keiner, dass Heiligendamm 07 nur die Fortsetzung von WM 06 ist? Liebe Demonstranten und "Gegner", fragt doch bittschön nach mehr Public Viewing Plätzen bevor ihr euch für das deutsche Fernsehen und CNN von den dafür zuständigen Polizeibeamten zusammenschlagen lasst.

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Freitag, 1. Juni 2007
WAS HEISST HIER WELTERFOLG? – STÜCK
(...)

D U R C H R U F / I N S P I Z I E N Z
Die Herren der Technik. Bitte auf die Bühne
Die Herren der Technik bitte
Umbau zum letzten Bild

Luger betrachtet das Pferd

L U G E R
Das letzte Bild
Der reitende Bote des Königs,
die Begnadigung.
Zuerst wird dieser Mörder vorgeführt
und dann begnadigt.
Das Pferd,
das Pferd,
das ist der Schlüssel,
der Schlüssel zu dieser Oper,
diesem einzigen deutschen Welterfolg
im 20. Jahrhundert.
Die Dreigroschenoper
Musik und Text von Bert Brecht und Kurt Weill,
Uraufführung
31. August 1928
Und es war kein Erfolg!

schiebt den Flügel in die Nähe des Pferdes

L U G E R
Das ganze Stück, die Aufführung war Dreck.
Hingeschmierter Rotz,
zusammengestohlen
aus dem Misthaufen der Weltgeschichte.
Vierhundert Jahre alte Texte übers Aufhängen
Entnommen
einer klassischen Henkersatire,
in der der Tod
den Narren prellt.
Dazwischen die legendären Operettenlieder,
der falsche Witz
die Quart ersetzt
durch Zwölftonterzen, billig,
ohne Harmonie.
Busoni hat es vorgemacht!

singt

L U G E R
Na nanaaa, na na naaaaa, (Wiener Blut)
Naa nanaa naaaa, na nana naa naaaa (Ballade von Mackie Messer)

Den schnellen Walzer verkehrt in den angejazzten Marsch
Wiener Blut in Chicago.
Ein billiges, verhunztes Plagiat
Nein!

L U G E R
Es war kein Erfolg
Sie haben gejohlt.
Die Leute haben gejohlt.
Gejohlt.
Das ganze Theater! Ein einziger Schrei!
Da capo! Capo!
Capo! Kapo.
Kappo!
Rathenau erschlagen!
Die Gefängnisse voller anständiger Leute, und
die Mörder liefen frei herum.
Und im Parkett
schrie sich der bürgerliche Abschaum
Berliner Kriegsgewinnler
die aufgepeitschte Seele aus dem Leib

schlägt auf das Pferd ein

L U G E R
Die Gangster sitzen im Parkett
Nicht auf der Bühne!
Und johlen und singen und jubeln sich
zu. Unfaßbar!
Muß er gedacht haben.
Unmöglich.

stellt sich vor das Pferd

L U G E R
Sie sehen sich im Spiegel
und kreischen vor Vergnügen über ihre
Schlechtigkeit. Macheath,
der Mackie Messer,
ist ein gewissenloser Mörder, ein dummer Dreckskerl
Und sie machen sich ihren Helden aus ihm.
Sie finden ihn gut. Sie machen den Schurken zu ihrem Helden.
Wie sie sich
fünf Jahre später
den Hitler zu ihrem
Helden gemacht
haben.

versucht das Pferd umzuwerfen

L U G E R
Es war kein Erfolg
Es war eine Katastrophe

schiebt das Pferd ins Rampenlicht

L U G E R
Sie sehen die Gangster auf der
Bühne und ihre dreckigen Geschäfte
Und sie haben sie auf der Stelle verstanden!
Da capo, da capo
Der Saal tobt. Der Saal tobt.
Und sie haben nichts verstanden.
Gar nichts. Einen Dreck.
Einen Dreck.

schlägt auf den Flügel ein

L U G E R
Sie wollten provozieren!
Sie haben sich geirrt.

schiebt das Pferd gegen den Flügel

L U G E R
Die Herren haben sich geirrt.
Alle.
Herr Kraus hat sich geirrt.
Herr Dessau, Kortner, Ihering,
die bei den Proben saßen, und
sehen konnten
wie sich der Brecht da seine Oper schnell
schnell zusammenbraut.
Und auch der Regisseur hat sich geirrt.
Am gründlichsten hat sich der Regisseur geirrt,
der Jungstar Brecht, der machen konnte was er wollte.
Sie wollten dem Berliner Pöbel,
den geldgeilen Gois ihre geldgeile
Farce vors Gesicht halten, damit sie
erschrecken und damit sie das Maul halten.
Aber der Berliner Pöbel, der neureiche Berliner Pöbel
hat ihnen ihr Spiegel-
bild aus der Hand gerissen und aus der Farce
sein eigenes Libretto gemacht.

wirft die Notenständer gegen das Pferd

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Montag, 28. Mai 2007
THE GREAT GATE WEBLOG LIVE INTERVIEW – TALKING ABOUT CHRIS KING
START: 21 Uhr
Open End



CHRIS KING

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Sonntag, 27. Mai 2007
MORAL MINORITY


Und dann fiel das Stichwort paralinguistische Vokalisationen und ich wies die Herren des Kollegiums darauf hin zurecht, doch den Begriff der Ware genauer zu studieren, bevor hier Vorwürfe erhoben werden, wer was warum wann noch nie veröffentlicht – und wieso?
Sie stand auf, schrie vor Schmerz, so sehr tat alles weh und ging doch erhobenen Hauptes durch den Frühstücksraum, und die Blicke, die sie verfolgten, sagten ihr, großartig, schon eine Leistung, ist zwar behindert, aber wandern, tolles Mädchen.

Ware?

Auch Literatur hat einen Gebrauchswert.
Dieser profane Sachverhalt wird seit 1983 systematisch ignoriert.

Und der Wind flüstert Maria

Nächste Folge dieser Rubrik: Kritik der politischen Ökonomie von Metaliteratur

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Donnerstag, 24. Mai 2007
selbstporträt des autors als punkrocker
Videoshot iPhoto
<br />
copyright Andreas Otteneder

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Kleine Schule des musikalischen Gehörs – Lektion 1
Wie lautet der Titel des Originaltextes für welche Komposition, deren rhytmische Struktur sich in folgender Alltags-Erfahrung wiederholt?

Mir san olle Menschn zwieda,
I kant´s in de Goschn haun.

Hinweis: Der Dialekt verweist direkt auf das Herkunftsland des berühmten Komponisten; der Originaltextdichter war ein in Mannheim berühmt gewordener Schwabe.
(Damit ist es jetzt eigentlich ganz einfach)

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Mittwoch, 23. Mai 2007
Auf der Sonnenstraße, abends um halb sieben

Plastiksphinx

Ein Lastwagen mit einer Ladung Pinguine fährt auf einer Landstraße richtung München.
Auf einer Brücke kurz vor Freising platzt ein Reifen. Der Fahrer hält an, steigt aus und schaut sich das Schlamassel an. Schon stoppt ein zweiter Lastwagen neben ihm und der Kollege Lastwagenfahrer will wissen, was los sei und ob er irgendwie helfen könne. Der Fahrer mit dem Platten erklärt, dass er hinten rechts einen Scheiß-Platten habe, was echt scheiße schlecht sei, weil er Pinguine geladen habe, die unbedingt heute noch nach Hellabrunn in den Zoo gefahren werden müssen, was er wohl nicht schaffen wird, weil es jetzt schon später Nachmittag ist, der Tierpark aber schon um 18 Uhr zumacht.

Der Kollege Lastwagenwahrer meint, das sei ja jetzt wirklich eine echt scheiße schlechte Situation für den Kollegen, der ja jetzt wahrscheinlich mindestens eineinhalb Stunden auf dieser Brücke kurz vor Freising richtung München mit Reifen wechseln beschäftigt sein wird – und für die Pinguine sei das natürlich auch eine ganz blöde Geschichte.

Aber, sagt der Kollege Lastwagenfahrer dann und schiebt sich seine Ray Ban in die Stirnglatze, aber, es sei ja jetzt so, dass er selber jetzt zufällig auch nach München fahre, und weil er gerade auc h noch zufällig ja eh nichts geladen habe auf seinem 7,5 Tonner, könne er ja die Pinguine mit seinem 7,5 Toner auf seinem Weg zu seiner Spedition nach Hellabrunn chauffieren und hinbringen – ob das okay für ihn sei, weil für ihn sei das schon okay, weil unter Kollegen müsse man sich schon auch helfen und außerdem, sagt er, mag er halt auch so Pinguine gern, weil das wären schon auch lustige Vögel.

Der mit dem Platten fasst sich an den Schirm seiner alten Grundig-Stoffkappe, kratzt sich an der Stirn und denkt na ja, warum eigentlich nicht. Dann sagt er okay, wenn das für dich okay wäre, dann wär das natürlich schon super und dann machen wir das so.
Und dann machen die das so. Die zwei Lastwagenfahrer laden die Pinguine von dem einen LKW auf den anderen LKW um. Das dauert nicht lang, und wenig später braust der Kollege mit den umgeladenen Pinguinen davon und der mit dem Platten fängt an, den Reifen zu wechseln.

Und es ist Sommer und ein verdammt heißer Spätnachmittag, aber das nur nebenbei.

Nach gut eineinhalb Stunden ist der geplatzte Reifen dann ausgewechselt. Der Lastwagenfahrer kann endlich weiter fahren und kommt dann auch so um halb sieben in München an.

Er fährt auf der Freisinger über die Ungerer in die Innenstadt, um seinen Lastwagen bei seinem Fuhrunternehmer am Harras abzustellen. Weil auf dem Mittleren und dem Altstadt Ring um diese Zeit alles steht, nimmt er lieber einen Schleichweg durch die Maxvorstadt über den Stachus

Und als er die große Kreuzung am Stachus nach ewigem Stop and Go endlich erreicht und an einer roten Ampel warten muss, sieht er plötzlich seine Pinguine und traut seinen Augen nicht.

Angeführt von dem netten Kollegen mit der Ray Ban watscheln seine Pinguine nämlich etwa zehn Meter vor ihm auf dem Zebrastreifen über die Sonnenstraße Seite Fußgängerzone richtung Hauptbahnhof wo der neue Mulitplex steht. Jeder Pinguin hat eine Ray Ban auf und ein Fruchteis in den Flossen. Und auch der nette Kollege Lastwagenfahrer hat so ein Fruchteis in der Flosse.

Der Lastwagenfahrer wundert sich total, kurbelt das Lastwagenfenster herunter und schreit dem Kollegen zu: „Hey! Was ist denn jetzt los? Ausgmacht war doch, dass du mir die Pinguine nach Hellabrunn in den Zoo kutschierst?“

Worauf der Kollege achselzuckend aber doch gut gelaunt erwidert: „ Ach weißt, Kollege, im Tierpark waren sie schon, jetzt wollten sie ein Eis und dann ins Kino!“

Herzlichen Gruß und 1000 Dank für das Foto an plastiksphinx (romy milla)

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Montag, 21. Mai 2007
Philosophische Betrachtung I
Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meines Denkens, behauptet Ludwig Wittgenstein in einer einschlägigen Stelle seiner so genannten sprachanalytischen Untersuchungen – und irrt sich wie so oft gewaltig. Denn richtiges Denken, mithin die so genannte menschliche Vernunft zeigt sich nicht in der Beherrschung der von Wittgenstein Sprachspiele genannten Diskursmasse, sondern erst sobald einer über eben dieses Vermögen frei verfügen kann.

Diese Freiheit wird freilich niemandem in die Wiege gelegt, sondern muss erst errungen werden, denn sie ist wie so vieles in dieser unseren Welt auch und im Wesentlichen ein Produkt harter zeitraubender Arbeit, die das bekanntlich schwer verklemmte. österreichische Großindindustriellensöhnchen nur sehr entfernt vom Sehen kannte, wenn überhaupt.

Der Satz:

De untn drin ling ham a mitgrauft


beispielsweise – eine der schönsten, komischsten und zugleich gehaltvollsten weil sozusagen die gesamte Weltgeschichte zu einem gedanklichen Bild komprimierenden Weisheiten der bayerischen Sprache, wenn nicht der Sprache überhaupt – ist selbstverständlich nicht jedem Denken zugänglich, sondern markiert eben so eine Grenze, von der Wittgenstein behauptet, dass sie nicht überschritten werden könne, was jedoch – diese Erkenntnis halte ich gegen den Sprössling derer von Wittgenstein – nicht unbedingt sein muss.

Ein in der bayerischen Sprache geschultes Denken hat naturgemäß kein Problem, die für andere mit diesem Satz aufgestellte sprachliche Barriere zu überwinden. Im Gegenteil. Es gefällt sich sogar in der Übung, sich über die ungeheure Tragik menschlicher Entwicklungsgeschichte, die dieser Satz im Wesentlichen vermittelt, lustig zu machen.

De untn drin ling ham a mitgrauft

Dieser Satz, für den es weder eine englische, französische, portugiesische, italienische, russische und eben auch keine so genannte hochdeutsche Entsprechung gibt, – über asiatische und afrikanische Sprachen wage ich mangels Wissen kein Urteil – wäre ein Indiz, um zu beweisen, dass das Land Bayern keine Philosophen braucht und wenn, dann nur schlechte und im Wesentlichen dumme Philosophen hervorgebracht hat, z.B. Philosophieprofessoren wie die Herrn Spaemann und Stegmüller (tot), um mal nur zwei zu nennen, deren Dummheiten ich sozusagen live mit anhören musste seinerzeit als Student.

De untn drin ling ham a mitgrauft

Schopenhauer brauchte 500 Seiten in seiner Welt als Wille und Vorstellung, Peter Weiß den gesamten Roman Die Ästhetik des Widerstands, um zu beschreiben, was in Bayern in sieben einfachen Worten wahrscheinlich seit den Bauernkriegen der Hochrenaissance auf der Hand liegt.

Der einzige Schriftsteller, der dem Sachverhalt dieses insbesondere auf der so genannten Wiesn insbesondere von Schaustellern wie dem so genannten Schichtl gerne zitierten Sprichworts noch was hinzuzufügen verstand ist der Amerikaner Thomas Pynchon, der aus jenen zahl- und namenlosen, die seit Menschen gedenken untn drin ling den Begriff der „Übergangenen“ geformt und in inzwischen vier jeweils großartigen Romanen exemplifiziert hat.

Soweit die philosophische Betrachtung

Wem das jetzt zu hoch war und wer sich nun wieder die Haare rauft wie der Reini Jellen zum Beispiel, dem sei captatio bene volentiae vorausgeschickt, dass er sich keine Sorgen machen sollte. Philosophische Betrachtungen muss nicht jeder sofort verstehen. Das war ein Insider-Witz, hallo Reini, nix für ungut, und wehe du schreibst meinen Namen falsch oder schüttest deine moralinsaure Subjektphilosophie über meinen hier praktizierten historischen Materialismus. Geb dir Mühe, sonst wirst du nie verstehen, was Argumentieren ist, geschweige denn wie das überhaupt geht im Jahre 2007.

Und wem das jetzt noch mal zu hoch war – ja Reini, tut mir leid, geht immer noch an dich, jetzt aber auch mit Blick auf den alten Weigl, der sicher auch kopfschüttelnd seine Vorurteile bestätigt sehen wird, freilich jetzt auch etwas überrascht sein sollte – morgen an dieser Stelle ein eleganter Herrenwitz oder was über den Herrn Zetsche. Übermorgen dann wieder ein anderer richtig guter Beitrag, irgendein Hammer über Siemens, Schreiber oder die Wahrheit über Don Alphonso. Und wahrscheinlich am Donnerstag dann was Sensationelles mit Bild – Gala und Bunte Qualität – hätte ich eigentlich auch heute schon machen können: das Neuste aus der Staatsoper, Ball der Künste, Fotos, Internas und schmutzige Geschichten. Kommt aber alles erst Donnerstags, oder morgen, keine Ahnung, bleiben Sie dran. Am Ende der Woche jedenfalls Pfingsten, ist es höchste Zeit für das große THE GREAT GATE Blog Interview mit dem KING.

Was immer das heißen mag.

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