Donnerstag, 8. November 2007
DIVERSIFIZIERUNG


– Entschuldigen Sie, hätten Sie vielleicht ein Bier für mich?
– I´m sorry. Bar ist geschlossen. Sie sehen, keine Mensch. Gäste aus von hier. Oder in Zimmer gesperrt
– Was machen Sie dann noch hier, wenn ich fragen darf?
– Ich lese Gotte!
– Goethe?
– Gotte, jawohl.
– Es heißt Goethe, nicht Gotte, wie Gott. Goethe!
– Gotte! Das ist er!
– Goethe. Man spricht ihn wie Güte, nur mit umlautendem O statt dem U.
– Gohtte! Ist gute Mann. Gute Mann. Gohtten ist n tot, sehr gut.
– Das war aber Nietzsche! Friedrich Nietzsche, Goethe war zwar –
– Istn tot, gut. Deutsch! Kultur. Gut!
– Na ja. Darüber streiten sie noch, ob sich der Nihilismus ins Bewusstsein wirklich eingeschrieben hat.
– Deutsch, Kultur, sehr fein. Geschenk Gotte ist n tot, mich Buch. Jetzt hier lernen, viel lernen, viel Geld.
– Ach, Sie meinen das Goethe-Institut?
– Gotten ist n tot, viel Geld, viel trinken, viel verdienen mit Gotte. Deutschomat. Ich lernen. Gut, sehr gut für Hilfe, wie Abenteuer Menschikeit, Mandela, Michael Jackson, auch gut, wie Gotte. Human rights! I love you. Sehr gut wie Göhtten istn ich tot? So richtig?
– Entschuldigung, was ist mit Michael Jackson? Ist der auch tot?
– Abenteuer Menschikeit, Michael Jackson, Nelson Mandela, auch gut! Letztens Monats in Gotteshaus, viel getrunken und Reden auch Deutsche sprechen von ist n tot, auch viel verdienen. Servieren, putzen, wischen, alles
– Ach so
– Auch Wyfey, bei Americanos ist n tot.
– Sie meinen den Jungen, der verunglückt ist, neulich, an diesem Pool? Die Geschichte? Ja, ja, der ist tot, der Junge von dieser Dingsda, na egal. Dumme Geschichte.
– Nix Dingsda egal. Nix Geschichte. Ich nicht dumm, ich Wahrheit! Gotte ist n tot, ich. Wyfey, Frau servieren Americanos, Michael Jackson, Tochter servieren Michael Jackson, putzen, wischen alles. Ganze Zeit! Hotel und Gotteshaus! Ich auch CNN.
– Wie, Sie waren im Goethehaus angestellt? Haben die hier so was?
– Angestellt, jawohl. Familie in ganze Reihe vor Michael Jackson, du kennen, I love you. Alle servieren, putzen, wischen, alles sauber, immer putzen, wischen alles, ganze Zeit von Abenteuer Menschikeit, Kongress. You know Abenteuer Menschikeit, Nelson Mandela, große Helde für Freiheit für Schwarze Volk, black people, you know. OK. Wie Gotte. Letzens Wochens weg gehen. Jetzt, hier ich bin, auf Arbeit. Ich suchen weiter.
– Sie suchen Arbeit? Da sind Sie bei mir ganz falsch. Fragen Sie doch diesen –

Wird unterbrochen. Lärm von draußen. Klingt wie eine Flugabwehrrakete, eine Panzerfaust, drei panzerbrechende Maschinengewehrsalven, abgeschossen in 3 km Entfernung oder europäische TV-Kriegsberichterstattung von irgendwoher aus nächster Nähe, dazwischen Fetzen der Leave-this-place!-Parolen der EINHEIMISCHEN UNTER WAFFEN
(aus: Seychellen, Hörspiel/Bearbeitung)

Photographie: plastiksphinx

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Sonntag, 4. November 2007
THE GREAT GATE LIVE INTERVIEW – TALKING ABOUT CHRIS KING – VOL. III


Start: 20 Uhr
Open end

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Freitag, 2. November 2007
Ironie – wie geht das?
"Meine Eltern setzten mich im Frühjahr 1968 in einen Kinderwagen und schoben mich auf eine Demonstration gegen die Notstandsgesetze. Zu diesem Zeitpunkt war mein politisches Bewusstsein noch nicht ganz entwickelt: Ich war gerade ein Jahr alt geworden."
Fr. U. Poschardt

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Dienstag, 30. Oktober 2007
Aus den geheimen Aufzeichnungen des Marco Polo vom 30. Oktober 1277 anno domini – reloaded
Quinsai
Blick aus meinem Hotelfenster auf die hiesige Feuerwehr beim Exerzieren.
Alle topfit, sehr freundlich.
Fangen jeden Tag um 6 auf Trillerpfeifenkommando zu Trainieren an.
Wecker unnötig.




credits: toibaman (Quinsai/Hangzhou)

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Freitag, 26. Oktober 2007
KROKUSLIED
Im Märzen der Bauer die Orange schält, schaut gespannt, wo seine Rösser wieder bleiben. Und die Vögel. Auch schon da? Oder dort? Wer zieht denn diese großen Kreise dort? Hat ein Flugzeug sich verflogen, sucht den Süden Nordnordwest? Sakrament! Wie einen die Luft heut wieder in der Nase juckt!
"Hä?"
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Dienstag, 23. Oktober 2007
GOEHTE ?
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Samstag, 20. Oktober 2007
MADONNA MUSIC WELTREVOLUTION KLEINFAMILIE RAF SOZIOLOGIE FREIHEIT BOB DYLAN MUSIK TON STEINE SCHERBEN MENSCH DU MEIER
Der Mariannenplatz war blau, soviel Bullen waren da,
und Mensch Meier mußte heulen, das war wohl das Tränengas.
Und er fragte irgendeinen: "Sag mal, ist hier heut 'n Fest?"
"Sowas ähnliches", sagt der andre, "das Bethanien wird besetzt."
"Wird auch Zeit", sagte Mensch Meier, stand ja lange genug leer.
Ach, wie schön wär doch das Leben, gäb es keine Pollis mehr.
Doch der Einsatzleiter brüllte: "Räumt den Mariannenplatz,
damit meine Knüppelgarde genug Platz zum Knüppeln hat!"

Doch die Leute im besetzten Haus
riefen: "Ihr kriegt uns hier nicht raus!
Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus."

Der Senator war stinksauer, die CDU war schwer empört,
daß die Typen sich jetzt nehmen, was ihnen sowieso gehört.
Aber um der Welt zu zeigen, wie großzügig sie sind,
sachten sie: "Wir räumen später, lassen sie erstmal drin!"
Und vier Monate später stand in Springer's heißem Blatt,
daß das Georg-von-Rauch-Haus eine Bombenwerkstatt hat.
Und die deutlichen Beweise sind zehn leere Flaschen Wein
und zehn leere Flaschen können schnell zehn Mollies sein.

Doch die Leute im Rauch-Haus
riefen: "Ihr kriegt uns hier nicht raus!
Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus."

Letzten Montag traf Mensch Meier in der U-Bahn seinen Sohn.
Der sagte: "Die woll'n das Rauch-Haus räumen,
ich muß wohl wieder zu Hause wohnen."
"Is ja irre", sagt Mensch Meier "sind wa wieder einer mehr
in uns'rer Zweiraum Zimmer Luxuswohnung und das Bethanien steht wieder leer.
Sag mir eins, ha'm die da oben Stroh oder Scheiße in ihrem Kopf?
Die wohnen in den schärfsten Villen, unsereins im letzten Loch.
Wenn die das Rauch-Haus wirklich räumen,
bin ich aber mit dabei und hau den ersten Bullen,
die da auftauchen ihre Köppe ein.

Und ich schrei's laut:
"Ihr kriegt uns hier nicht raus!
Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus."

3x Und wir schreien's laut:
"Ihr kriegt uns hier nicht raus!
Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus."



ANMERKUNGEN
"Der Mariannenplatz war blau" = damit will Rio Reiser sagen, daß so viele Polizeiwagen da waren, daß die Sirenen den Platz in ein Blau hüllten, außerdem waren selbst die Polizeiwagen und Uniformen der Berliner Polizei blau (bis zur Einführung des bundeseinheitlichen Grün-Weiß Mitte der 70er Jahre)
"hau den ersten Bullen, die da auftauchen, ihre Köppe ein" = im Original lautete der Text erst: "hau dem ersten Bullen, der da aufkreuzt, was auf seine Fingerlein"
"das ist unser Haus" = im Original lautete der Text beim zweiten Refrain am Ende:"Das ist unser Haus - wenn ihr Bombenleger sucht, schmeißt doch die Amis raus."
"stand in Springer's heißem Blatt" = einer Zeitung des Axel Springer Verlages (BILD...). In Springers BZ stand "Bastelten Bethanien-Besetzer die Bomben?"
"Schmidt" = gemeint ist Günter Schmidt; Immobilienkaufmann
"Schmidt und Press und Mosch" = Erbauer und Spekulanten des Kreuzberger Neuen Zentrums; der Name bezeichnet ein Sanierungsgebiet nördlich des Kottbusser Tors in Berlin, welches bis 1974 in eine Vorzeigegegend der Kreuzberger Industrie umgewandelt werden sollte; in diesen Bereich fiel auch das Rauch-Haus. (Quelle: Die Welt; 3.12.1970)
Ton, Steine Scherben waren sozusagen die erste richtige Hausbesetzerband. Oft haben sie sich vor einem Konzert in einer Stadt beratschlagt, wo ein leeres Haus steht und was darauf gemacht werden könnte. Nach den Konzerten haben sie mit dem Publikum diskutiert, was oft daraus hinauslief, daß alle zusammen das Haus besetzten und so der Jugend oder alternativen Szene einen neuen Jugenklub, Proberaum oder so verschafften. So war es auch bei der Besetzung des Georg von Rauch-Haus am 8.12.1971. Ton Steine Scherben spielten in der Alten TU-Mensa bei einem "Teach in" zur Erschießung des Mitglieds der Gruppe "Bewegung 2. Juni" Georg-von-Rauch und besetzten danach das Haus. Reiser war dabei und hat während der Besetzungszeit den Song geschrieben. Diese Hausbesetzung war übrigens erst die zweite in Berlin. Benannt wurde das Haus nach Georg von Rauch, der am 4.12.1971 bei seiner Verhaftung von der Polizei erschossen wurde.
Dieser Song hat mich zu dem Lied "Tacheles" inspiriert, nachdem ich von der drohenden Räumung gehört habe.


credits: Andreas Baader, Staatliches Gymnasium Pfarrkirchen, www.galerie-noir.de/RauchHaus/RauchHausSong.html

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