Montag, 7. September 2009
Sehr geehrter Staatsanwalt Möllers,
möchte Ihnen zu dem Entschluss gratulieren, sich kraft Ihres Amtes der Causa Doris Heinze anzunehmen und nun also mit der Lupe gesetzlicher Bestimmungen die Geschäfte und Geschäftsgebaren dieser preisgekrönten Angestellten in leitender Position nach eventuell strafrechtlich relevanten Ungereimtheiten einer ordentlichen Revision zu unterziehen.

Als – wenn auch nicht in erster Linie, sondern lediglich an den bitteren, offenen Enden der nun zu examinierenden Entscheidungsprozesse – „Betroffener“, sei mir gestattet, Ihnen an dieser Stelle ein paar allgemeine Informationen über die von Frau Heinze redaktionell betreute Abteilung der Rundfunk- und Fernsehunterhaltung mit auf den Ermittlungsweg zu geben, die Sie freilich als ganz unverbindliche sachdienliche Hinweise zu den Bedingungen der Möglichkeit der von Ihnen eventuell festzustellenden Straftatbestände wahrnehmen sollten, da es selbstverständlich nicht meine Absicht ist, Ihre Ermittlungen zu beeinflussen oder auf eine unzulässige Weise in eine bestimmte Richtung zu lenken. Klaro!

Also, Herr Staatsanwalt Möllers, es ist so.

Der m.E. wichtigste, wenn auch unscheinbar wirkende Gesichtspunkt, den Sie im Zuge Ihrer Untersuchung der Zusammenhänge beachten sollten ist: Es gehört zu den täglich ablaufenden Routinen und ist praktisch die arbeitstechnische Grundlage des Berufes, den Frau Heinze bis zum Termin Ihrer Suspendierung ausgeübt hat, im Zuge der Planung und Durchführung so genannter „Projekte“ Einrichtungen und Personen zu kontaktieren, konsultieren und in den Entscheidungsprozess einzubinden, die nicht unbedingt und per se mit der die jeweiligen „Projekte“ betreffende Materie vertraut sind, sondern vom Leistungsprofil der sie beschäftigenden Einrichtung – und also von Berufs wegen – in der Hauptsache vielmehr damit befasst sind, die so genannte öffentliche Meinung“ dahin gehend zu bilden und zu steuern, dass den nicht näher klassifizierten Leistungen einer so genannten „Elite“ aus den sie tragenden und ertragenden sogenannten „breiten gesellschaftlichen Schichten“ grundsätzlich Akzeptanz und wohlmeinende Zustimmung entgegenschlägt, auf deren Grundlage, man dann wie es im Fachjargon heißt „konstruktiv über Schwächen und Stärken dieser Leistungen diskutieren und auf Verlangen der „Eliten“ in ihrem Sinne „problematisieren“ können dürfen soll.

Was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, überlasse ich Ihnen. In der hier in Frage stehenden Causa Heinze bitte ich Sie jedenfalls zu beachten und in das juristische Kalkül Ihrer Ermittlungen mit einzubeziehen – und zwar gründlich: die MEDIEN.

Was heißt das? Erst mal nur so viel:

Sie sollten sich – meine und vergleichbare Erfahrungen sogenannter „Betroffener“ berücksichtigend – nicht darauf verlassen, dass beispielsweise Hansi Leyendecker von der Süddeutschen oder die Herren Hanfeld, Seeßlen, Höbel, Kämmerling, Bahners etc. sowie ihre freien Mitarbeiter in sogenannten deutschen Feuilletons, genauer, der für Medien zuständigen Ressorts der hiesigen Tages- und Wochenpresse auch nur ansatzweise objektiv, unabhängig und ohne Partei zu ergreifen über und im Zusammenhang mit den inkriminierten Vorfällen berichten.

Den genannten Herren ist die Dame seit vielen Jahren persönlich bekannt. Einige pflegen freundschaftliche Beziehungen.

Und es ist nicht auszuschließen, sondern eher sehr wahrscheinlich, dass über die privaten Kontakte hinaus, auch enge berufliche Verquickungen bestehen, denn die genannten Herren haben – wie den von ihnen redaktionell zu verantwortenden Beiträgen in Zeitschriften und Zeitungen zu entnehmen ist – nachprüfbar sowohl die Karriere als auch die vielfältigen Geschäfte und Geschäftsgebaren, auf die ja nun nicht nur die Erfolge der Frau Heinze zurückzuführen sind, sondern auch die Einleitung der von Ihnen zu leitenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sich beziehen, ebenso aktiv wie nachhaltig „gestaltend begleitet“.

Bei der Lektüre der Arbeiten, die von den genannten Herren zu einigen „Projekten“ der Frau Heinze entweder selbst verfasst oder in ihrem redaktionellen Verantwortungsbereich veröffentlicht wurden, liegt esm. E. sogar nahe, von einer absichtlich, das heißt mit Vorsatz unternommenen Beihilfe und Unterstützung jener „Projekte“ auszugehen, die nun bekanntlich Anlass zur Klage geben, aber dieses ist nur eine persönliche Einschätzung, die ich hier lediglich als Meinung eines an Fragen des Rechts und der rechtsstaatlichen Ordnung interessierter Laie und freilich auch als Staatsbürger von Verstößen gegen diese Ordnung auch irgendwie "Betroffener" zu Bedenken gebe. Auch klaro.

Sollten Sie also, sehr geehrter Herr Staatsanwalt Möllers, in den kommenden Wochen und Monaten mit einer Reihe von Artikeln und Kommentare dieser Herren konfrontiert werden, die den Eindruck erwecken, als gäbe es ein sogenanntes „System“, das die Geschäfte der Frau Heinze nachvollziehbar, mithin verständlich machen könnte und für ihre eventuell vorliegende Illegalität als ursächlicher Grund heranzuziehen oder als mildernder Umstand geltend zu machen sei, dann nehmen Sie bitte solche Behauptungen als das zur Kenntnis was sie sind, nämlich Aussagen von „Betroffenen“, die zur Causa Heinze Stellung nehmen, um ihre oben in groben Zügen deutlich gemachte eigene Stellung als angeblich freie Journalisten und kritische Berichterstatter vor in ihren Augen lästigen fachlichen Nachfragen und Recherchen zu bewahren, salopp gesagt.

Gehen Sie also einfach mal davon aus, dass vieles von dem, was in den kommenden Wochen und Monaten von vermeintlich investigativ operierenden Reportern oder angeblich in Medien- und Filmkritik versierten Fachleuten als Interna aus den Arbeitsabläufen des NDR und seines Umfeldes „enthüllt“ oder jenen Ihren Ermittlungen unterzogenen „Projekten“ der Frau Heinze nachgetragen werden wird, sicher nicht viel mehr sachliche Relevanz und Bedeutung genießt und zur Wahrheitsfindung beiträgt als die dumpfen Pseudonyme, die gebraucht wurden um ihren Arbeitgeber und das Publikum in betrügerischer Absicht hinters Licht zu führen. Ausdrücke wie „System“ , „moralische Sachzwänge“, „psychologische Strukturen“ , oder „ästhetische Qualität“ sowie „Widerstände“, die durch einen „Einsatz“ „unkonventioneller Kreativität“ etc. angeblich „zu überwinden waren“, um die Projekte der Frau Heinze durchzuführen und zu finanzieren, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenso erstunken und erlogen sein, wie diese Märchen von den Autoren, die in stiller Abgeschiedenheit in Kanada leben und deshalb für Nachfragen von professionell arbeitenden Regisseuren oder kritischen Journalisten nicht zur Verfügung stehen.

Und von solchen Märchen sollten Sie sich nicht beeindrucken lassen, auch und gerade, wenn (if and when) und nachdem (because and as) anzunehmen ist, dass die Damen und Herren Anwälte und ihre GehilfInnen, die mit der Verteidigung der Frau Heinze beauftragt sind, ausführlich aus diesen Märchen zitieren und diese Märchen sicher passagenweise vortragen werden, um ihre Mandantin von den ihr gegenüber erhobenen Vorwürfen zu entlasten.

Lassen Sie sich davon weder beeindrucken noch ablenken.

Vorab vielen Dank für Ihre Mühe, Ihrer Aufgabe gerecht zu werden.

mfg

"Betroffener"

PS Warum ich mich in Ihre Angelegenheiten einmische, obwohl mich der Fall der Frau Heinze doch eigentlich gar nichts angeht?

Gute Frage

Gegenfrage: Kennen Sie den: "Wer schweigt, stimmt zu!"

... comment