(...) Wir kamen aus Sarajewo. Die Zeiger jeder Uhr drehen sich alle im selben Kreis. Die Welt steht dauernd still. Erinnerungen führen ja zu nichts. Das Universum ist nur eines unter vielen. Ich zitiere, ich zitiere nur. Wir kamen aus Wien, aus Kairo. Wir kamen aus Düsseldorf. Ehrlich gesagt, schau ich auf diese Zeit zurück, wie auf ´nen explodierten Stern. Sehr lange her, wie wir da Hand in Hand durch den Winter. Wie die zwei letzten Tiere seh´ ich uns tatsächlich stehen, einfach so, stehn wir da rum im Eiskristallenmeer, vor einem alten Baum, unter dem Sternenzelt sozusagen, strahlendes Weiß im tiefsten – na ja – Winter. Du zitterst. Weinst du etwa? Oder ist dir nicht gut? Guck doch mal rauf, da oben schweben unsre Satelliten. Die werden dich beschützen. Mir war nur kalt. Besser wir gehn´ zurück und zu den andern. Da waren wir uns einig, glaube ich, in dieser Nacht, im Krieg. Obwohl. Seinen Gedanken folgen. Ob ich seinen Gedanken folgen könne. Wie das denn gehen könnte. Ach! Dieses Geschwafel. Ich meine: Die Verdammnis. Das Zerstören. Die Befruchtung. Das Spiel. Die Lösung. Das Ende. Die Taube. Das Dach.
Ich bin aber Jude, hat er zu diesem Markenmenschen gesagt, was glatt gelogen war. Und der Typ lacht sein Betriebswirtschaftslachen und erklärt, kein Problem, die Frage ist doch: Haben Sie auch Geld, mein Lieber? Und Daggi, völlig weggetreten, reimt: Für die einen ist es die Shoah für die anderen die längste Praline der Welt, mein Lieber. Bescheuert, aber so war das. Akademisches Tittytainment für gelangweilte Erben. Wir kamen aus Seattle. Und das war Berlin. Später, er war längst gegangen, zogen Nebelschwaden in die Stadt ein. Wir zogen mit ihnen, wenn ich so sagen darf, wollten ihn suchen, nein, wir bewachten die Spree. Es war noch nicht sehr lange Frieden. Ich meine den Anfang vom Ende: Voltaire, hat er sich auf den Brustkorb tätowieren lassen. Von Kapitulationen, Ammen, Weizenfeldern. Vom Sturm der Schlachtgesänge, vom Blut der Gemälde. Oder nur Korn oder nur Milch oder versprengte Soldaten geschlagener Heere. So hießen schließlich unsere Titel, das waren die Hits unsrer Ästhetik. Ich meine, so was kann jeder, kann ich auch: Er schmilzt, er ist geschmolzen, weg geschmolzen. Das macht mich bitter, lässt mich weinen, schafft Grausamkeiten, böse Worte, tief dunkle Flecken, Kratzer auf der Haut. So what?
Ein Zeugnis hat er uns nicht ausgestellt, hat praktisch nur so Brocken hinterlassen, von denen er behauptet hat, dass sie ihm ganz allein gehören: Worte. Ich zitiere Verbrechen, Klage, Schöpfung, Richter, Hass, Schneeflockenflug, Vernichtungswille, Ölen, Zorn, Entscheidung, Spiel. Oder Maschinenraum, Gebrechen, Herrschaft, Miese, Haus, Krankheitserreger, Industrie und Tod. Das alles habe er für sich geclaimed nachdem weltweit der Frieden ausgerufen und erklärt war. Auch sollten Rede, Wissen, Lüge, Glück, die Stille, Kleid und Zauber, Schmuck, der Staat für ihn geschützt sein, allein sein Eigentum. Und damit, es war unerträglich, doch nicht mehr zu ändern, kam großes Geld, dann der Erfolg. Es ging wie geschmiert. Er kannte keinerlei Skrupel, bequatschte jeden Ministerialdirigenten, Hauptsache Prokura. Und Daggi war meistens die schnellste, auch mit dem Telefon. Probleme kennt die nur aus der Zeitung. Und sie hat sich, auch als der Zerfall begann, nicht gegrämt und gemerkt hat sie gar nix. Auch als er hilflos vor ihr lag, völlig verzweifelt sie anfleht, fällt ihr nur ein, nach der Gage zu fragen, und ob er denn keine weiteren Pläne – in Salzburg paar Tage arbeiten; endlich nach Hause oder nur einfach so, so ein bisschen entspannen. Und als er lacht, absolut irre sie anlacht, sagt sie nur: siehst du, das ist es doch, was ich immer sage, es ist doch alles halb so schlimm, komm wir trinken zur Abwechslung mal einen großen Schnaps zusammen. Uschi, sei doch so gut, lauf schnell hinüber zu Hardenbergs, ich glaub ne Party könnte uns allen nicht schaden. Und wenn dann der letzte gegangen ist, ist es sie, die betrunken im Flur liegt und heult. Und will wissen, ob sie sich nicht doch ihre Brust vergrößern lassen soll. Und will endlich ihr Kind, bevor alles zu spät ist. Und brüllt bis er kommt und sich neben sie legt. Und dann schlafen sie ein, wie zwei wimmernde Stämme (aus Holz).
Am nächsten Tag klingelte es an der Tür – ja Hallo, die Leute vom Fernsehen sind da, was seit Tagen schon klargemacht war, woran keiner gedacht hat. Und dann sitzen wir rum, spielen locker, setzen unsere verspiegelten schwarzen Brillen auf und erklären wie schön unsre Welt ist. Wir kamen aus Bukarest. Wir inszenieren hier, ganz neu, ein ontologisches Konzept, so was von seinsvergessen, antihistoristisch historistisch und – meine Güte – sind die erschrocken, als Daggi aufstand, Bluse offen – ein einziges Beben von Mensch – und kotzt diese Kamera voll. Wann war das noch, gestern? Im vergangenen Jahr? (...)
Jedenfalls scheint GM nicht im Job zu sein. Und selbst? Auch nicht gerade fleißig, oder? Oder gibts am End wieder medizinische Probleme und ich muss mich mit allem Tam Tam entschuldigen?
Ich schreib derweil mal am Liebesroman weiter, bis dann.
weil ich eigentlich schon wieder weg bin (Oper):
Befinden gut, kann nicht klagen. Und was an Jahresrestfleiß mobilisiert werden kann, geht dieser Tage in die Produktion geldwerter Gebrauchslyrik (siehe oben). Später vielleicht mehr, oder halt dann morgen. Schönen Feierabend
noch kein Weihnachten bei mir. Ganz im Gegenteil. Wie jedes Jahr kurz vor Weihnachten fällt jedem in der Hewi noch etwas ein, das er unbedingt braucht. Von mir. Von daher: Schwer beschäftigt. Nix Weihnachten, nix Kiz, nix Aspen, geschweige denn Davos ...
Gibts bei Ihnen eigentlich auch eine Weihnachtsfeier? Bei mir schon, heute nämlich. Was da genau gespielt wird, weiß ich nicht. Berichte dann morgen, bis dann.
gab natürlich schon eine Weihnachtsfeier, mit ebenso länglichen wie dümmlichen, also überflüssigen Reden diverser Topmanager, wie ich höre. Ich hatte mir das schon gedacht und bin dieser kläglichen Veranstaltung ferngeblieben, deswegen und der peinlichen, feuchtfröhlichen Verbrüderungsszenen wegen, die auf solche Reden dann unvermeidlich folgen.
danach in der Sauna im Nordbad. Da sind Weihnachtsfeiern u.Ä. per Plakat mit durchgestrichenem Punsch- bzw. Sektglas ausdrücklich untersagt. Wahrscheinlich nicht nur aus gesundheitlichen Gründen. Kommentar eines enttäuschten Münchners (geschätzte 60plus, 120 kg, Herzprobleme) im Schwitzbad kurz vor dem Aufguss: "Da ham´s wieder was gfunden, wo´s streng sein können."
Sie sich nicht zu früh kaputt, GM. Solche Witzfigurationen werden wahrscheinlich die neuen Postwurfsendungen werden.
So argusäugig können Sie gar nicht auf die Nichtweiterverbreitung Ihrer persönlichen Daten schauen, dass eines nicht allzu fernen Tages, wenn Sie nur mal kurz Ihre Mailbox checken wollen nicht doch – plop klingeling – so ein komisches Pop-Up-Fensterl aufspringt und Ihnen dann ein Herr Beck oder sein Klimaschutzbevollmächtigter in aller Frühe ganz persönlich Grüß Gott sagen will.
Das ist halt die andere Seite der Großen Freiheit auf dem Planeten Internet: Es kann halt wirklich JEDER machen, was er will.
Täusche ich mich – oder ist ab heute auch die Klimakatastrophe sozusagen amtlich (siehe Spon) und Frau Merkel and friends haben endlich auch, was sich Bush and friends mit dem war against terror gezimmert haben: eine neue Geschäftsgrundlage.
Und ich habe die Freiheit, meinen Pop-Up-Blocker aktivieren, dann kann der Beck in der Frühe Grüß Gott sagen zu wem er will. Übrigens eine alptraumhafte Vorstellung, diesen Menschen schon in aller Frühe in der Mailbox herumpoppend zu haben. Da wird mir gleich schlecht, von dieser Vorstellung.
Apropos schlecht. HabenS das schon gehört, MG, die unsägliche "Du-bist-Deutschland"-Kampagne" kommt wieder. Diesmal mit dem Ziel Deutschland kinderfreundlicher zu machen.
Damit noch mehr kinderfreundliche Mütter noch mehr Kevins in noch kinderfreundlichere Kühlschränke stecken können? Langen denn acht verreckte Kinder pro Woche nicht zur Kinderfreundlichkeitsweltmeisterschaft?
Jetzt war ich wieder zu langsam. Ham offenbar zu lang pausiert, sind noch nicht ganz eingespielt...
Keine Sorge, es gibt nichts zu berichten. Es war sogar ausgesprochen fad, keine Alkohol-Exzesse, keine neuen Büro-Liebschaften, die Arbeitnehmer von heute traun sich einfach nichts mehr. Um 11 bin ich dann heim, fast nüchtern.
die neuen Arbeitnehmer traun sich nix mehr. Schaun Sie sich den Kahn an! Geht einfach vorzeitig und vor der Tombolla, weil er heim will zu Frau und Kind – oder zur Kindfrau, iss ja wurscht – against all odds jedenfalls! Was für ein Held!
über die Feiertage nach New York und häng dann nach Sylvester noch zehn Tage Trinidad dran, weil mir dieser mitteleuropäische Dreckswinter nicht recht bekommt. Ho ho.
Schön wärs.
haben gestern 5:0 gewonnen, die sogenannten "Löwen" vom TSV 1859. Das wird Sie, fürchte ich, aber auch nicht aufheitern, MG. Vielleicht aber die Tatsache, dass der "Stolz des Südens" Herbstmeister geworden ist. Allerdings trotz Formkrise in Form zweier 0:0-Unentschieden in Folge.
59 war Absicht, darüber ärgern sich die Fans dieses Vereins nämlich besonders, wie man hört, he he. Danke aber für den Stern, es heisst natürlich Stern. So etwas wie Wortspiele waren in beiden Fällen nicht intendiert.
Essen? Ehrlich gesagt schon wieder vergessen, MG, so grau und nichtssagend. Da Hunga hod's neidriem, wie man bei uns sagt.
Hab ich schon gesehen und mir auch die mySpace-Seite der Kollegen angeschaut bzw. -gehört. Gefällt mir, vor allem der Song "Große Pläne". Aber die Vorgruppe Kapelle Koralle, die übrigens auch keinen schlechten Eindruck macht, fängt erst um 22:00 an, d.h. die Gärtner werden kaum vor 23:30 zu spielen beginnen und das ist mir zu spät. Muss die Woche noch hart zulangen.
mir wahrscheinlich wieder anschaun, obwohls der alte Höhne gar nicht verdient. Vergangenen Samstag hat er mich im B. ins linke Ohr gezwickt, nur weil ich ihn gefragt hatte, was ihm zu dem Ausdruck queer as straight einfällt. Der wird auch immer komischer.
Ohr gezwickt? Na das ist mir aber Einer! Dabei macht er im Anzug mit Posaune eine ganz passable Figur, um nicht gleich zu lobhudeln eine regelrecht Gute.
Wo wir schon bei deutschsprachiger Popmusik sind, die ausnahmsweise kein Popdreck ist: Kennen Sie eigentlich die Neigungsgruppe Sex, Gewalt und gute Laune? Hat mir am Wochenende ein Freund vorgespielt und ich bin mindestens partiell enthusmiasmiert.
Anspieltipp: Schädl Hängen (deutschsparachiges Cover des einzigen Tom-Waits-Songs, den ich mag (Hang Down Your Head For Sorrow). M.E. um Längen besser als das Original.
Wiener Lieder auch sehr gern. Eigentlich die einzige Art musikalischer Folklore, bei der ich nicht sofort schreiend davon lauf. Außerdem ist der alte Ostermayer ein netter Typ.
Nachtrag Clip: Gefällt mir. Wobei ich, wenn ich mir diese Jungschwaben so anschaue, wieder einmal die alte Höhne-Frage stellen muss, wie uns diese Burschen denn irgendwann die Rente zahlen wollen?
@Rente: Gar nicht, natürlich. Rente kriegen Sie und ich soweiso keine mehr, zumindestens nicht in einer Höhe, von der man leben könnte. Das liegt aber nicht daran, dass diese Jungspunde nicht wollten, sondern u.a. daran, dass die Rentenkohle schon längst zweckfremd verpulvert wurde und noch wird - u.a. für die sogenannte "Wiedervereinigung".
Und natürlich daran, dass man alles tut, damit "die Wirtschaft" noch mehr absahnen kann - in diesem Falle Banken und Versicherungen.
könnte es ihnen verdenken? Unsere Generation kriegt am Ende fast nix und soll bis 67 buckeln - eine zusätzliche, verdeckte Kürzung, natürlich, denn wer schafft das bei den heutigen Arbeitsbedingungen überhaupt noch so lange zu arbeiten - und bis die Jungspunde im Rentenalter sind, gibt's sowas wie Rente wahrscheinlich gar nicht mehr, sondern bestenfalls noch staatliche Almosen in Form von Naturalien.
Nein. Kaum mal als Hörer, weil ich so gut wie nie Radio höre sondern meistens auf die eigenen Musikkonserven zurückgreife. Ein Fehler, ich weiss, ich weiss.