Donnerstag, 16. Oktober 2008
Politik
Was passiert hier eigentlich seit Monaten?

Versuch, sich mit diesem Krampf, der da ständig im Fernsehen kommt in unfrisierten und ungeordnet hingezirkelten Gedanken auseinanderzusetzen

Gegeben/Ereignisse/Folgen:
Lehman-Pleite – massiver Abschreibungsbedarf bringt weltweit Banken an den Rand der Insolvenz – irische Banken stehen vor dem Bankrott – Staat übernimmt Einlagen-Garantie und bürgt für 400 Milliarden – britische Investoren insbesonders Kleinanleger verlagern daraufhin ihr Kapital fluchtartig nach Irland – englische Regierung reagiert sofort: mit radikalem Interventionsprogramm, Teilverstaatlichung, Bürgschaft und Kapitalinjektionen sollen die nationalen Institute vor dem akuten Kollaps retten – die übrigen europäischen Regierungen müssen ebenfalls reagieren und spannen ihrerseits Kapitalschutzschirme über ihre nationalen Finanzsektoren, da mit der Wettbewerbsverzerrung ein Abfluss von Kapital aus dem Euro-Raum droht – auch US-Regierung muss entsprechend nachziehen und erklärt praktisch über Nacht, jetzt also auch nicht nur die assets der US-Banken, sondern die Banken selbst unter staatliche Verwaltung und den Dollar-Schirm der FED zu stellen. (Damit ist Staatsverschuldung, Währungsstabilität, sind auch Handelsbilanzen zwischen den Staaten nur noch Makulatur, Maastricht, US-Devisen-Reserven Chinas, Indiens, Russlands – drauf geschissen!, solange nur nicht noch mehr Kapital aus in Euro, Dollar oder Pfund notierten Anleihen, Bonds, Aktien etc. in Cash-Vermögen flieht.)

Nächstes Problem wird sein, dass nach den Verstaatlichungs- und Liquiditätsinjektions-Schocks sowohl die Institute als auch der Staat oder investierende Geld-Fonds bis runter zum kleinen privaten Daytrader und Stockpicker nicht mehr zwischen Aktiva, Passiva, dem Eigenkapital der Banken und dem Kapital ihrer Kunden unterscheiden können.
Wieviel Staat steckt denn inzwischen in einem von MS gehandelten GM-Anteilsschein oder in GM selbst? Beide Firmen existieren nur noch weil die US-Regierung vertreten vom US-Finanzministerium für den Wert der auf den Geschäftserfolg dieser Firma ausgegebenen Wertpapiere mit einer Garantie in Höhe von max. 700 Milliarden US-Dollar bürgt. Kompletter Irrsinn. Aber genau das hat der Kongress verabschiedet!

Zurück zur Chronik:
Eineinhalb Tage rauschen die Kurse hoch. Dann wird klar, dass diese Rettungs-Pakete reine Verzweiflungstaten sind, die Null Komma nichts an dem Desaster ändern, abgesehen davon, dass die Finanz-Krise jetzt offiziell Rezession genannt wird.

Zwischenbemerkung. Was und warum muss eigentlich ständig auf Regierungsebene verhandelt werden? Worüber streiten eigentlich Frau Merkel und Sarkozy? Und warum springt der eigentlich längst abgehalfterte Weltwährungsfonds plötzlich wieder aus der Kiste und präsentiert sich als jemand, der endlich wieder für Ruhe im sogenannten Weltfinanzsystem sorgen kann?
Antwort des Politologen in mir:
Die Regierungen werden bei den fälligen Rettungsoperationen von ihren ideologischen Prämissen behindert. Anstatt die Banken durch Kapital-Injektionen in Kombination mit der Verstaatlichung der vom Deleveraging belasteten Unternehmenssparten vor dem Fallieren zu bewahren, müssen die ökonomischen und politischen Fassaden aufrecht erhalten werden, hinter denen freilich die im Sommer 07 in Gang gesetzte Abwicklung der sich als unwiederbringlich erweisenden „Forderungen“ täglich weitere und härtere Schockwellen auf den internationalen Geld- und Kreditmärkten auslöst.
Und um diese Kulisse, ihren Zirkus und sich selbst als Problem-Löser zu inszenieren brauchen die nationalen Regierungen eine neutral wirkende, von allen anerkannte Instanz, eben die alten Pfeifen des IWF.

Soweit die Theorie. Zurück in die Chronik der Ereignisse, Stand Ende vergangener Woche, also 12. 10. bis jetzt:
Nach der Staatsbank von Island sind nun die Notenbanken Ungarns und der Ukraine gezwungen, den akut drohenden Ausfall ihrer Währungen als Zahlungsmittel zur Deckung der von ihnen refinanzierten staatlichen und privaten Geldinstitute bekannt zu geben und entsprechende Rettungsmaßnahmen seitens der EU-Regierungen, ihrer Zentralbank und dem IWF zu fordern.

Als Reaktion erfolgen wieder nur die üblichen Maßnahmen: Es wird Liquidität zur Finanzierung des akuten Abschreibungsbedarfes bereitgestellt. Dies erfolgt durch direkte Kredite der EZB, flankiert von einer befristeten Ausdehnung der Kreditlinien, die von den Notenbanken zur Refinanzierung genutzt werden und aufgrund der Währungsschwäche vollständig ausgeschöpft werden mussten.

In der Praxis könnte sich der mit der Abwicklung der sukzessive fälligen Kontrakte zeigende Einbruch des Kredit-Geschäfts, (das jetzt allseits proklamierte Deleveraging) tatsächlich als Beeinträchtigung des internationalen Zahlungsverkehrs bemerkbar machen. Obwohl sie über ihre staatlichen Bürgschaften verfügen, werden Institute aus dem enger und kleiner werdenden Kreis der handelnden Banken ausgeschlossen und können die Kontenbewegungen ihrer Kunden nicht mehr aus eigener Kraft decken. Beispiel dafür wäre wieder: Ungarn.

Ungarn ist nämlich faktisch genauso so zahlungsunfähig wie die DB und will in die Verstaatlichung Nur: Wie lässt sich ein Staat verstaatlichen? Eigentlich unmöglich. Aber heute geht alles. Ungarn wird klammheimlich über EZB-Refinanzierungsmaßnahmen assoziiertes Mitglied der Europäischen Währungsunion. Warum eigentlich?
Warum ist Ungarn faktisch pleite?

Im theoretischen Modell zeigt sich die existenzielle Notlage, in der sich die Ungarn, die Ukraine und die drei baltischen Staaten befinden wie folgt:

Die jeweilige Staatsbank muss ihren Handelspartnern melden, dass sie die Summen und Beträge, die zur Deckung der gegenüber ihren Banken fälligen Forderungen aufgebracht werden müssen, nicht mehr mit dem Zahlungsmittel ihrer Landeswährung darstellen kann.
Der Grund: Der in den Quartals-Bilanzen absehbare Bedarf an Abschreibungen und Verlusten, die ungarische Banken zu verbuchen haben, ist größer als der Bestand an in Forint auf den Finanzmärkten zirkulierenden geldwerten Zahlungsmittel.

Das nennt der Fachmann Staatsbankrott und der Laie wundert sich, warum er dem Publikum nicht erklärt wird. Schließlich wird mit dem tagesaktuellen Wert des Forint und übrigens auch der Währung der Ukraine oder Lettlands, die nicht viel besser da stehen, nicht nur heute und morgen an der Budapester Börse, Kiewer Börse und z. B. eben auch der Stockholmer Börse eben nicht nur wie wild blind spekuliert, sondern eben auch ganz seriös gerechnet und abgerechnet. Und in Forint wird in Budapest eben auch der halbe Liter Milch gehandelt und muss mit Forint bezahlt werden.
Das finanztechnische Chaos, das den Weltbörsen aus der politischen Verschleppung des mit der kollabierenden Währung angezeigten Staatsbankrotts zum Beispiel Ungarns blüht, ist einschließlich aller sich daraus ergebender Folgen für Unternehmen, Kommunen und Bürger, die bekanntlich alle auf diese Währungen angewiesen sind, weil sie über kein anderes Zahlungsmittel verfügen, also vorprogrammiert!

Was folgt daraus? Meine Meinung:
Dieser Strauss-Khan gehört wie Juncker und Trichet zusammen mit den hiesigen Regierungs-Clowns umgehend aus dem Verkehr gezogen und eingesperrt! Verglichen mit ihren Rettungspaketen wirkt die Fahrlässigkeit eines Dr. Jörg Haider nämlich geradezu harmlos und durchaus verantwortungsbewusst im Sinne staatsbürgerlicher Pflichterfüllung, denn dieser Landeshauptmann hat sich schließlich wenigstens selbst in den Wagen gesetzt, den er im Vollrausch in die Katastrophe gesteuert hat.
Typen wie dieser schmierige Juncker werden leider nicht an ihren Entscheidungen krepieren, sondern lediglich zu Protokoll geben, dass sie es als persönliche Katastrophe empfinden, dass ihre gut gemeinten Maßnahmen unglücklicherweise nichts bewirken konnten, wenn in der Puszta diesen Winter also wieder der Verteilungskampf um Lebensmittel und Heizöl ausbricht ...

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