Dienstag, 15. Mai 2007
Große Rede an das Berliner Volk
Der literarische Mainstream, also das was die surirowokiwis in Abstimmung mit den Feuilleton-Pfeifen der großen Zeitungs-und Zeitschriftenverlage ihrer Kundschaft zu so genannten Büchern gepresst als zeitgenössische deutsche Literatur andrehen, hat sich bis auf wenige Ausnahmen seit den Tagen der New Economy, als die damals hoch gehaltene Marke Popliteratur auch von den Etablierten über Internetplatttformen in den Markt gedrückt wurde weitgehend erledigt.

(Applaus, Hurra- und Vivat-Rufe)

Von den seinerzeit gestarteten Portalen ist nicht mal mehr die für sie werbende PR präsent. Der ganze Schmuh ist einschließlich Bohay und der zu Erfolgsautoren gehypten TexterInnen-Riege komplett abgefrühstückt und vergessen.

(Verstärkter Applaus, vereinzelt Bravo-Rufe)

Die angeblichen Schriftsteller verdienen sich ihre Kröten wieder unter dem Stein, unter dem sie einst hervor gekrochen sind, ihre Werke verstauben in den Lagern des Großhandels und das ist auch gut so, um hier mal den regierenden Bürgermeister jener Weltmetropole in Erinnerung zu rufen, der dieser Mainstream – du kannst auch gequirlte Scheiße dazu sagen, ich nenne es gern output der gesamtideellen Schweinemistfabrik – heute mehr denn je ihr inoffiziell-offizielles Label verdankt. Sie nennen es Hauptstadtkultur.

(Allgemeines Hohngelächter, darunter der laute Zwischenruf: “Die tanzen auf ihrer eigenen Beerdigung und merken es nicht einmal, die Lutscher!")

Die literarische Variante dieser sogenannten Hauptstadtkultur findet im Web aktuell glücklicherweise weder als akuter Hype noch als Revival statt, sondern scheint endgültig entsorgt.

(Nun wieder verhaltener Applaus und ein einzelner Zwischenruf: "Quatsch keine Opern, komm zu Sache!")

Das große Siechen und Sterben der Netz-Literatur überlebt hat eigentlich nur der unverwüstliche alte Säulenheilige Rainald Goetz, der sich seit ein paar Monaten als Web-Kolumnist für ein Hochglanz-Magazin verdingt, nachdem er keinen Roman mehr zustande bringt, der seinen Qualitätskriterien oder denen der Marketingabteilung seines Verlages – was weiß ich – genügen würde.

(Zwischenruf: "Was heißt Hochglanz? Wix-Magazin, es heißt Wixmagazin für den deutschen Schüttler! Sag doch, was da los ist!"; beifälliges Gemurmel, freilich auch ablehnendes Genöhle und hörbares Stöhnen seitens der anwesenden Pressevertreter)



Der Herr G. lebt also noch. Und – Joachim Lottmann. Womit ich beim Thema wäre.

(Zwischenruf: "Na endlich!")

Denn Lottmanns Literatur-Kolumne für die taz, die er nach eigenen Angaben als PR-Aktion für seinen neuen im August erscheinenden Roman schreibt, ist m.E. eine durchaus empfehlenswerte Lektüre. Lottmann schreibt zwar kein Blog und seine Webperformance hat auch rein gar nichts mit Bloggen, sondern nur mit dem Cross-Marketing der Medienpartner taz und rowo/kiwi zu tun, aber immerhin.

(Zwischenruf: "Zur Sache, junger Mann, zur Sache!")

Kurzum und to make a long preface into a short story: Nach einer eher drögen und lieblos hingerotzten Anlaufphase scheint sich der Autor Lottmann nun etwas zusammenzureißen und sogar bemüht, neben dem üblichen namedropping, witzlosen Anekdoten und summa sumarum erstaunlich schaler Berlin-Mitte-PR, dann doch die eine oder andere lesenwerte Kolportage vorstellen zu wollen.
Der aktuelle Text ist jedenfalls nicht schlecht und sei deshalb hier empfohlen. Nicht, dass man mich missversteht: Weltliteratur ist das natürlich nicht. Aber es ist ganz lustig und – es kostet ja nichts.

(Applaus, allgemeines beifälliges Gemurmel, Zwischenruf: "Wie? Und das wars?")

Nachtrag
Vor ein paar Wochen wurde Lottmann von den März-Verlegern Jörg Schröder und Barbara Kalender, die ebenfalls für die taz ein Weblog veranstalten (und das ich hier natürlich ebenfalls empfehle), in die rechtsradikale Ecke gestellt, nachdem er in einer Passage seines Textes ein berühmtes Zitat des alten Kippenberger für eine kleine Miniatur über den dumpfen Künstlerdarsteller Jonathan Meese sozusagen zweckentfremdet hatte.

Barbara und Jörg, falls ihr das lesen solltet: Ich denke, ihr habt den Lottmann da missverstanden. Es kann ja sein, dass er tatsächlich Affinitäten zu den sozusagen neuen Rechten hat und inakzeptable Ansichten vertritt. Nur war das in der von euch inkriminierten Passage m.E. nun gerade nicht der Fall. Jedenfalls habe ich die schon anders gelesen, ich konnte nämlich beim besten Willen nicht erkennen, dass Jolo da nun mit hoch gehaltener Fahne losmarschiert.
Im Übrigen sehe ich mich weder berufen den Joachim Lottmann als Person zu beurteilen, weil ich den Mann nicht kenne, noch will ich ihn in Schutz nehmen, schlicht und einfach, weil der mich so sehr dann doch nicht interessiert, um mich auf die Frage zu bringen, welche Internas euch zu eurer Kritik bewegt haben könnten. Wie gesagt: Die Web-Kolumne finde ich, seit er sich neuerdings offenbar Mühe gibt, sehr unterhaltsam. Und mehr will ich dazu auch nicht geschrieben haben.

Aber das nur nebenbei.

... comment

 
Liebe aol-Kundendienstmitarbeiter
die ihr als so genannte qualifizerte Techniker für den on- und hotline-service für mac-user zuständig seid: Amüsiert ihr euch auch gut beim internetsurfen während der Arbeitszeit. Nein? Wollt ihr vielleicht einen Witz hören? Ja? Dann passt mal auf.

Seit gefühlten 500 und geschlagenen drei, ich wiederhole, drei Stunden, verteilt auf die Zeiträume 0.00 bis ca. 2 Uhr und 12.30 bis 16.30 Uhr versuche ich nun schon euch telefonisch zu erreichen, weil aol offenbar ein schwerwiegendes DSL/router-Problem hat, das Kunden wie ich ohne eure Hilfe nicht lösen können.

Lustig, nicht?
Aber lacht nicht zu früh, der Witz geht ja weiter.

Zehn, nein mehr, wahrscheinlich 15, irgendwann habe ich aufgehört zu zählen, also sagen wir über ein Dutzend eurer Kolleginnen und Kollegen von der aol-Kundendienst-Vermittlung haben mich jetzt schon zu euch durchgestellt - vergeblich natürlich, genau, muss ich euch nicht groß erzählen, wisst ihr ja selbst, dass ihr nicht ran geht, klaro, wofür gibts denn diese schönen Tonbandstimmen, die mir erklären können, dass aol meinen Anruf wichtig nimmt und ich nur noch ein wenig Geduld haben muss, bis ihr Zeit für mich habt.

Aber so richtig lustig, liebe aol-Kundendienstmitarbeiter, die ihr für mac zuständig seid, so richtig lustig ist, was mir eine eurer Kolleginnen vor etwa einer Stunde erzählt hat. Die hat mir nämlich erzählt, dass es euch gar nicht gibt, jedenfalls nicht, wenn man zu euch direkt durchgestellt werden will ohne Warteschleife.

Guter Witz, oder? Klar, ihr kennt ihn schon, ihr wisst ja, dass ihr nur eine digitale Ansage seid, um die Kunden zu verarschen. Aber ich kannte den Witz noch nicht.

Wie ich das gemacht habe, überhaupt eine brauchbare Information über die aol-hotline zu bekommen, anstatt wie es euch gefällt einfach stundenlang bei euch anzurufen und eure Warteschleifen und eure Damen und Herren an der Rezeption kennen zu lernen?

Ganz einfach wars nicht, klar, wem sag ich das?

Höflich nachfragen bringt nichts, genauso wenig hilft die Erklärung, dass man sehr unzufrieden ist, gar wütend über den stundenlang versprochenen aber ausbleibenden Service.

Eine klare Auskunft geben die einem praktisch nur, nachdem man ihnen mitteilt,

dass man sich

ihren Namen notiert hat und eine verbindliche Bestätigung braucht, die einem angerechneten Kosten
einer zwar stundenlang angekündigten aber nicht erbrachten Leistung, erstattet zu bekommen.

Aber was ich euch eigentlich nur sagen wollte, liebe aol-Kundendienstmitarbeiter:

So richtig gute Werbung für eure Firma ist das nicht, was ihr da mit den Kunden abzieht.

Und wenn ich jetzt nicht in so einem beschissenen Internet-Café sitzen würde, würde ich euch einen ganz anderen Witz erzählen.

Ich seh euch in der Hölle!

Arthur Spooner
gez. Buchbinder Wanninger

... link  


... comment
 
Da PeterLicht
den mit Abstand besten Beitrag des diesjährigen Klagenfurter Wettblödelns hingelegt hat, hier ein kleines Liedchen von ihm, nichts Besonderes aber doch gut und ganz entspannt.



Wer den empfehlenswerten und vollkommen zurecht über den Schellnkönig gelobten Text lesen will, findet ihn hier.

... link  


... comment